Pfeifferlsteigers Grubentelefon - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Grubentelefon
von Helmut Heinl

Ein Grubentelefon ist ein spezieller Telefonapparat, der auf die harten Bedingungen unter Tage ausgelegt ist. Diese Geräte sind wasserdicht und schlagfest konstruiert. Die Modelle im Sulzbacher Bergbau waren aus Gusseisen hergestellt und hatten dadurch ein Gewicht von ca. 15 kg. Der Hörer hing an einer Panzerschnur. Das lautstarke Läutewerk machte sie auch bei großem Umgebungslärm gut hörbar.

Benützt wurden die Geräte, von denen in jedem Revier eines hing, in erster Linie von den Steigern, vom Bergwerkschef und sehr selten von einem Hauer. Das Telefon war für Bergleute kein Arbeitsmittel. Absolut wichtig war es allerdings bei Notfällen, damit schnell Hilfe gerufen werden konnte. Deshalb musste es immer funktionsbereit sein.

Der um Streiche nie verlegene Fahrhauer Johann P., besser bekannt als „Pfeifferlsteiger“, kontrollierte Instandhaltungsarbeiten. Sein Kontrollgang führt ihn zu einer Stelle, wo der Schorsch die durch den Gebirgsdruck angehobene Sohle (Boden) in der Strecke wieder abgraben sollte.
Diese Arbeit erforderte keinerlei bergmännischen Kenntnisse, sondern nur Kraft. Denn das Pickeln und Schaufeln in dem lehmigen Boden war mühselig und anstrengend. So wurde diese Arbeit oft Leuten übertragen, die „nicht so hell auf der Platte“ waren. Hier konnten sie ohne Aufsicht arbeiten.

„Glück auf Schorsch, alles klar?“. „Ja, ja passt scho…“.
Weil gleich neben dem Platz, wo der Schorsch arbeitete, das Grubentelefon hing, bat ihn der Johann: „Das Telefon ist gestört. Du kannst ja Deine Arbeit einmal kurz unterbrechen, weil ich von der anderen Gruppe alle brauche. Wenn das Telefon läutet gehst du schnell hin, hebst den Hörer ab und merkst Dir was die durchsagen.“ Dann ging er weiter, bis zum nächsten Grubentelefon, etwa 5 Minuten.

Gleich nebenan, in einem Querschlag, arbeitet eine Gruppe mit 4 Mann. Die weihte er vorher in seinen Plan ein. Die Kameraden pirschten sich auf leisen Sohlen an und gingen hinter der Ecke auf Horchposten.

Es dauert nicht lange, bis das Telefon schellt. Der Schorsch geht zum Apparat hebt ab und meldet sich. Dann hört er aufmerksam zu. Nach kurzer Zeit fängt er an laut zu zählen: „1, 2, 3, 4, 5… bis 10.“ Es dauert etwas, dann schreit Schorsch in die Sprechmuschel: „10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1.“ Er bückt sich, schaut das Gerät von allen Seiten an und meint „Ich sia nix“. Danach hört er wieder zu und fragt: „Was soll ich machen?“ Dann streckt er den Arm nach rechts, hält den Telefonhörer weit vom Körper weg und nach kurzem Überlegen wieder an sein Ohr und brüllt in das Gerät: „Du blöder Arsch! Ich lao mi´doch von Dir niat verarschen, Du kannst mich….“ Dann schmeißt er den Hörer von sich weg, dass fast der Draht abreißt und stapft wortlos zu seiner Arbeit zurück. Die Lauscher ums Eck verkneifen sich das Lachen und schleichen sich zurück.

Nach Ende der Schicht gehen die Bergleute zum Schacht zurück und fragen den Johann: „ Was hast Du denn dem Schorsch erzählt, weil er so wütend war?“. Der Johann: „Ich hab mich gemeldet mit: „Hier ist der elektrische Betrieb Rosenberg. Wir überprüfen alle Grubentelefone. Bitte zählen Sie zunächst von 1-10.“ Danach sollte er rückwärts von 10 bis1 zählen, aber ganz laut, weil die Leitung eine Störung hatte. Das Prüfen auf eine undichte Stelle - ging alles problemlos.

Dann sagte ich ihm: „Bitte nehmen Sie den Hörer vom Ohr, etwa 30 cm und schließen Sie die Augen. Wir müssen die Leitung durchblasen, denn ich höre Sie immer noch schlecht. Da hat er dann geschnallt, was los war“. Wie es ausgegangen ist, habt ihr ja gesehen“.

Bis zur Auffahrt hatte der Streich schon die Runde gemacht und der Spöttlmeier, der es direkt miterlebt hatte, fragte den Schorsch unter dem Gelächter der anderen: „Na Schorsch, kannst eapa du des Presslufttelefon niat bedina?" Worauf ihm der Schorsch knapp den „Götz von Berlichingen“ anbot und der Gruppe den Rücken hindrehte. Er hat allerdings nie erfahren, wer ihm den Streich gespielt hat und hat auch nicht danach gefragt.

© Helmut Heinl 2020

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