Geschichtspark Bärnau-Tachov
Lebendiges Museum
Mittelalter zum Anfassen
Bärnau
– Mittelalter boomt: Märkte und Bücher, Filme und Serien mit diesem
Thema sind top aktuell. Doch nur selten kommen diese der historischen
Realität nahe. In Bärnau in der Oberpfalz kann man sehen, wie das Leben
im 9. bis 14. Jahrhundert tatsächlich war. Im dortigen Geschichtspark
Bärnau-Tachov sind seit 2011 bereits 30 Gebäude entstanden, die
originalgetreu nach archäologischen Funden gebaut und möbliert sind.
Besonders
bei Veranstaltungen wird das Mittelalter im Geschichtspark wirklich
„lebendig“. Dann zeigen Darsteller in historischer Kleidung das
Alltagsleben der Menschen. Es wird gekocht, gebaut, Handwerk vorgeführt
oder geerntet. So erleben die Besucher ganz konkret, wie hart die Zeit
war, aber auch wie unerwartet fortschrittlich viele Arbeitstechniken
waren.
Bei einem Spaziergang durch das
weitläufige Freilichtmuseum wird der Besucher zunächst zurückversetzt in
die Zeit, als die ersten slawischen Sippen im 8. und 9. Jahrhundert in
das bayrisch-böhmische Grenzgebiet kamen. Zu sehen ist hier eine
Siedlung mit verschiedenen Haustypen, wie sie in der Region üblich
waren.
In
einer zweiten Siedlungsgruppe erinnert der Park an die
Christianisierung der heidnischen Slawen im 11. Jahrhundert. Diese wird
symbolisiert durch eine 15 Meter hohe Turmhügelburg, eine Kirche sowie
das Wohngebäude des Ministerialen. Ministeriale waren eine Art adeliger
Verwalter, die das Reich zur Befriedung einsetzte.
Interessantes
Detail: Die Kirche ist die Rekonstruktion eines Gotteshauses aus dem
Landkreis Kitzingen. Sie war der hölzerne Vorgängerbau der späteren
Kirchenburg Kleinlangheim, der auf das 11. Jahrhundert zurückgeht. Wie
das Vorbild ist der Nachbau 11 mal 6 Meter groß. Die Stabbauweise
erinnert an die skandinavischen Kirchen, wie sie heute zum Teil noch
stehen.
Das dritte Zeitfenster im
Geschichtspark steht für die frühe Städtebildung. Mit den typischen
Handwerkerhäusern und vor allem der mächtigen Herberge wird dabei eine
entscheidende Entwicklung deutlich: Der Fernhandel gewinnt im 13.
Jahrhundert immer mehr an Bedeutung. Zu einer der wichtigsten Reiseroute
der Händler wird in dieser Zeit die Strecke zwischen Nürnberg und Prag,
die „Goldene Straße“. Diesen Weg wählte Kaiser Karl IV. (1316 – 1378),
der gemeinsame König von Deutschland und Böhmen, um zwischen seinen
beiden Amtssitzen zu pendeln. Bärnau liegt in der nördlichen Oberpfalz
im Landkreis Tirschenreuth. Die Stadt war damals wie heute Grenzort zu
Tschechien und damit eine wichtige Station auf der Goldenen Straße.
Direkt
neben dem Geschichtspark entsteht seit 2018 ein Königshof für Karl IV.
neu. Auf der mittelalterlichen Schaubaustelle kann einem engagierten
Team aus Handwerksmeistern zugesehen werden, wie in den nächsten 20
Jahren rein mit mittelalterlichen Techniken und Werkzeugen ein großer
Steinkomplex mit 6 einzelnen Bauwerken entsteht. Hier erleben Sie wie
Kalk gebrannt und Eisen verhüttet wird, Steine werden von Hand gespalten
und aus Stämmen nur mit der Axt Balken gehauen. Ein besonderes
Highlight der Baustelle ist der Betrieb des Holzkrans, der nach
mittelalterlichem Vorbild gebaut wurde.
Das
zu Grunde liegende binationale Projekt ArchaeoCentrum bayern-böhmen ist
eine Kooperation mit den Universitäten Bamberg, Pilsen und Prag und
soll sowohl den wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden als auch das
historische Handwerk erforschen und bewahren.
Träger
des Geschichtsparks Bärnau-Tachov und des ArchaeoCentrums bayern-böhmen
ist der Verein Via Carolina – Goldene Straße e. V. Dieser setzt sich
mit seinen Projekten für das Wiederentdecken der gemeinsamen
deutsch-tschechischen Geschichte in der Region ein. Das Natur- und
Kulturerbe soll erforscht und der Öffentlichkeit vermittelt werden.