Bergmannswege von Helmut Heinl - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Bergmannswege
von Helmut Heinl

Bergmannswege gab es eigentlich nicht. Jedenfalls wurden sie nicht als solche bezeichnet. Erst heute, lange nach dem Ende des Bergbaus, stellen die Älteren unter uns immer wieder fest, dass die Pfade, auf denen wir als Kinder gelaufen sind, nicht mehr vorhanden oder zugewuchert sind. So wird uns erst jetzt bewusst, dass es Bergmannswege waren, auf denen früher die Rentner oder Bergleute, die keine Schicht hatten, nach Feierabend zu „ihren“ Plätzen gegangen sind, um sich dort auf einer kleinen Bank auszuruhen.

So gab es zum Beispiel am Kamm des Etzmannsberges entlang mehrere Wege, wie den vom (heutigen) Bartl nach Rummersricht, die immer ausgetreten und gut in Schuss waren. Von unserem Haus in der Edelsfelder Strasse führte ein Pfad, das „Rangerl“ hinauf, quer über den Acker bis zur Kuppe des Etzmannsberges. Dort verzweigte er sich zum Judenfriedhof oder zu den Gruben Fromm und Etzmannsberg. Diese Wege stammten noch aus der Zeit als die Feuerhofer Bergleute dort täglich zur Arbeit einfuhren.                                   

Auf der vorderen Spitze des Etzmannsberges stand übrigens um die Jahrhundertwende noch ein Aussichtsturm. In einer Broschüre des „Verschönerungsvereins Sulzbach“ heißt es dazu: „Im Norden der Erzberg (501 m…) gekrönt von einem 10 m hohen Aussichtsturm mit Orientierungsplatte, Rundsicht auf Fichtelgebirge, Böhmerwald….. Schlüssel im ersten Bergwerk an der Staatsstraße nach Hahnbach, 0,10 Pfennige“. Dr. Pfeiffer beschreibt in seiner „Geschichte und Ortsbeschreibung von Sulzbach und Umgebung“ aus dem Jahr 1903 ebenfalls den Pavillon und weist darauf hin, „Einfahrt in das Bergwerk nach Meldung beim Grubenverwalter wird freundlich gestattet“.

Von der freien Fläche, wo einst der Pavillon stand ging es steil bergab zum Judenfriedhof. Der Weg ging zwar durch das sehr stark zerklüftete Bruchfeld, das mit ausgemusterten Förderseilen eingezäunt war, aber das kümmerte keinen Bergmann. Der Pfad war so gelegt, dass die großen Erdspalten umgangen wurden. Da der gesamte Grund, entlang des Bergkammes der Maxhütte gehörte, sahen die Pensionisten das Areal  ohnehin eher als ihres an.

Auf halber Höhe des Berges, in der Nähe des alten Dynamitkellers, stand immer eine kleine, aus Ästen gezimmerte Bank. Hier ruhten sich die Bergleute vom steilen Aufstieg aus, die nach ihrer Pension meist zu zweit oder zu dritt ihren Spaziergang machten. Natürlich wurde dort geraucht, aber es lag keine einzige Kippe herum.

Auch auf anderen Aussichtspunkten fanden sich Sitzgelegenheiten. Eine stand an der Kante des früheren Steinbruchs am Großenfalzer Berg. Der Blick von da aus schweifte bis in die Stadt und es war sogar ein Blumenbeet davor angelegt. Woher die Bergleute das Wasser dazu hernahmen weiß ich bis heute nicht.

Ein beliebter Fußweg, nicht nur für Bergleute, führte von der Stadt über den Judenfriedhof bis zur Grube Etzmannsberg. Solange der Schacht noch in Betrieb war, gab es dort nicht nur eine überdachte Sitzgelegenheit, sondern man  konnte sich vom Maschinisten auch ein Bier kaufen und dort trinken. Die Spaziergänger wanderten die 3 km am Fuß des Etzmannsberges entlang, kauften sich am Schacht ihr Bier und aßen die mitgebrachte Brotzeit. Oder sie kehrten beim Bartl ein, der damals noch oben am Berg, an der heutigen Abzweigung vom Lohgraben nach Etzmannshof stand.

Ein gern begangener Rundweg führte die Bergknappenstraße hinab, durch das „Bartlhölzl“ bis zur uralten Linde vor dem Grottenhof. Dort stand über längere Zeit ein Holzbankl, mit Blick auf die Weiher und den Grottenhof. Von dort ging es dann steil bergauf, über den Lohgraben in die Edelsfelder Straße und zurück bis zum Feuerhof.

Nachdem die Bergleute meist in der Holzarbeit geschickt waren, zimmerten sie sich, wo immer möglich, eine Sitzgelegenheit und hielten diese auch in Schuss. Sie schnitten die Äste zurück, die in den Pfad wuchsen und kürzten die Hecken an den Aussichtspunkten.

Ich kann mich noch gut an einige Pensionisten erinnern, die in einer Wohnung am Feuerhof wohnten und kein Haus mit Garten pflegen mussten. Der Biersack, der Rösel oder der Uschold waren fast bei jedem Wetter zu zweit oder zu dritt, jede freie Minute, im Bruchgebiet oder am Großenfalzer Berg unterwegs. Man kannte sich, grüßte freundlich und jeder ging seiner Wege.

Erst heute wird uns bewusst, dass es Bergleute waren, die das einstige Wegenetz und die schönen Aussichtspunkte –völlig ohne Aufhebens- in Schuss gehalten hatten. Jetzt kümmert sich niemand mehr darum, die meisten Pfade sind verschwunden oder verwuchert und Bänke gibt es schon lange nicht mehr. Nur der Bergbaupfad wird noch gepflegt.

© Helmut Heinl


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