Der "Weiherblasch" und der "Kuller" mit seiner famosen Idee - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Das Erzbarometer
(erzählt von J. Wismet, „Wismet Haane, genannt Weiherblasch“).

Die Sulzbacher Erzlagerstätten waren, wie auch in anderen Bergbaugebieten, von über Tage aus großflächig abgebohrt worden, um Lage und Ausmaß der abbauwürdigen Bodenschätze festzustellen. Wo und in welcher Tiefe die Erzkörper lagen, war natürlich auch in Sulzbach bekannt. Trotzdem kam es vor, dass der Streckenvortrieb durch taubes Gestein lief, denn so dicht lagen die Bohrstellen nicht nebeneinander, um die Erzgrenze auf den Meter genau festzulegen. Diese Unsicherheit machte weder der Grubenleitung noch den Bergleuten vor Ort Freude, weil es den Gewinn bzw. den Lohn drückte. So waren beim Auffahren der Strecke durch taubes Gestein alle gespannt, wann das erste Mal wieder Erz an der Ortsbrust (Gesteinswand in die der Bergmann sich vorarbeitete oder bohrte), auftauchte.

Es war kurz nach der Jahrhundertwende auf der Grube Etzmannsberg, als die Bergleute, an dem Ort an dem der "Weiherblasch" arbeitete, wieder einmal recht lange auf diesen Augenblick warten mussten. Während dieser Zeit fuhr an einem Montag bei der Frühschicht zum ersten Mal auch ein junger Bauernbursche aus Forsthof ein, der sich schon nach den ersten Stunden als „nicht sehr hell“ zeigte. Als er mitbekommen hatte, worauf die Leute in seiner Gruppe hofften, fragte er immer wieder recht schlau, wann es denn endlich soweit sei und ob man denn das nicht durch irgendein "Instrament“ anzeigen lassen könne. Das brachte den „Kuller“ (Kohler) auf eine famose Idee.

Zur nächsten Schicht brachte er von zuhause ein altes Barometer mit, bei dem nur mehr der Nachführzeiger vorhanden war. Die Kameraden der Gruppe waren eingeweiht und bestaunten das neue Suchinstrument gebührend. Der Kuller verstand es, die Anzeigen auf den Bergbau umzudeuten. „Trocken“ wurde mit nicht Wasser führend umschrieben, „Schön“ natürlich mit Erz vorhanden und „Regen“ umschrieb er mit Wassereinbruch. Insgesamt also für einen naiven Laien durchaus nachvollziehbar.

Das Barometer wurde unmittelbar vor Ort aufgehängt, der Steiger erkundigte sich jeden Tag auf seinem Rundgang beim Neuling nach der Angabe auf dem Instrument  und ließ es sich wortreich erläutern. Jeden Tag wurde der Nachstellzeiger bei Schichtende von irgendeinem eingeweihten Kameraden ein Stück in Richtung „Schön“ weiterbewegt. Als dem Weiherblasch klar war, dass wieder Erz anstand, rückte der Zeiger plötzlich ein beachtliches Stück vor und stand ganz dicht bei „Schön“. Sofort wurde das Gerät mit äußerster Vorsicht in eine große Sprengstoffkiste, die mit Holzwolle ausgepolstert war, gelegt. Der Junge wurde beauftragt, mit der Kiste zum Schacht zu gehen, aufzufahren und sie dem Betriebsleiter zu bringen, damit dieser über die Anzeige informiert war. Er solle sich aber ja hüten, die Kiste zu kippen oder irgendwo anzustoßen. Weil sich die Sache mittlerweile in der ganzen Grube herumgesprochen hatte, wurde er unterwegs von den Bergleuten überall gefragt, was er denn da trage. Er gab recht sachkundig Antwort und erläuterte stolz Wirkung und Wert des Gerätes. Auch im Steigerbüro bemühte er sich seinen Auftrag möglichst forsch auszuführen, bat den Herrn Obersteiger, ganz schnell zu kommen und redete recht schlau daher.

Der Obersteiger sah sich das Instrument an,  bedankte sich und schickte ihn wieder in die Grube, wo er  über die Vorgänge im Büro eingehend befragt wurde. Und siehe da, das „ Instrament“ hatte genau angezeigt. Als er vor Ort ankam, wurde bereits Erz hereingewonnen.

Da solche Ereignisse innerhalb von ein bis zwei Tagen in der ganzen Grube die Runde machten, hieß der Neue fortan „Barometer“.Ob er jemals richtig aufgeklärt wurde, über das Barometer, ist nicht bekannt. Als beim nächsten Mal das Erz ausbiss, hat er jedenfalls nichts mehr vom „Instrament“ geredet, sondern still seine Wagen vollgeschaufelt.


© Helmut Heinl 06/2020
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