Schachtanlage St.-Anna - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Was ist von Sulzbachs letztem Bergbauzentrum geblieben?

Die zentrale Schachtanlage St.-Anna wurde am 31. Juli 1974 endgültig geschlossen.

Der St. Anna Schacht in seiner Blütezeit

Es war das Sulzbach-Rosenberger Bergbauzentrum der Nachkriegszeit. Von hier aus wurden die Erzfelder St. Anna, St. Georg (Lobenhof), bis nach Großenfalz abgebaut. Die Bergbauzentren im 19. Jahrhundert waren der Förderschacht Etzmannsberg mit den umliegenden Schächten, gefolgt, über viele Jahre, vom Klenzeschacht.

Wer heute den Standort des früheren Schachtes besuchen will, wird außer dem Bockfördergerüst (Förderturm) nichts mehr finden. Der wurde, nach langem Zögern, in den letzten Jahren endlich saniert und so für die nächsten Jahrzehnte erhalten. Dennoch ist er die einzige Landmarke, die den Standort markiert, über den Millionen Tonnen Erze zur Maxhütte transportiert wurden. Von den Förderschächten Etzmannsberg und Karoline sind keinerlei Spuren mehr vorhanden. Nur Tafeln, die vom Stiber-Fähnlein und den letzten Sulzbacher Bergleuten aufgestellt wurden, markieren die Standorte. Dass von den einstigen Schächten nichts mehr zu sehen ist, liegt an den früheren Schachtbau-Methoden. Bis zum Bau des Anna-Schachtes wurden alle Schächte direkt in den Erzkörper abgeteuft. Das hatte den Vorteil, dass sehr schnell Erz gefördert werden konnte und damit das investierte Kapital in die Maxhütte zurückfloss. Der Nachteil war, dass der Sicherheitspfeiler, der um jeden Schacht im Erz erhalten werden musste, nicht direkt abgebaut werden konnte. Es musste jedes Mal ein neuer Schacht in der Nähe niedergebracht werden, von dem aus dann der Sicherheitspfeiler des anderen Schachtes abgebaut werden konnte. Das hatte zur Folge, dass dieser verstürzte und sich ein Bruchfeld bildete. Alles, was darauf stand, Gebäude, Bäume, Wege verschwanden. Alle früheren Schächte wurden also nicht verfüllt, sondern stürzten nach bzw. mit dem Abbau des Erzes ein.
Beim Annaschacht wurde erstmals eine andere Methode angewandt. Er wurde von 1955 bis 1958 mit 125 Metern Teufe außerhalb der Erzlagerstätten niedergebracht, und zwar als Zentralschacht für alle Abbauorte. Von hier aus wurden ab 1962, also vor 60 Jahren, nicht nur die Erzfelder in Richtung Lobenhof (St.-Georg), Schützenheim, sondern auch aus dem Sicherheitspfeiler des Klenzeschachtes und unter dem ca. 3 km entfernten Großenfalz abgebaut. Der Aufschluss in Richtung Lobenhof, an dessen Ende ein Luftschacht abgeteuft wurde, brachte große Wasser- und Schwimmsandeinbrüche. Auch der Erzkörper unter dem Eichelberg sollte von hier aus erschlossen werden. Dies scheiterte aber, weil der Vortrieb der Richtstrecke vom Anna-Schacht zum Eichelberg verunglückte. Etwa auf Höhe St.-Georgs-Straße gab es so große Wasser- und Schwimmsandeinbrüche, dass das Vorhaben abgebrochen werden musste. Ursache war, dass der standfeste Malmkalk, in dem die Strecke aufgefahren werden sollte, um ca. 40 m versetzt war. Damit kam man in die instabile Kreide mit den bekannten Störungen. Das hatte zur Folge, dass am Eichelberg noch mal ein Förderschacht abgeteuft werden musste. Ursprünglich war dort nur ein Luftschacht für die austretenden Wetter und als Notfahrung (Fluchtweg) geplant.
Ab Inbetriebnahme des Schachtes, am 23.7.1962 fuhren alle Bergleute dort ein. Der gesamte Erztransport, von allen untertägigen Erzfeldern zu den Hochöfen der Maxhütte, fand dort statt.
Das Abteufen des St.-Anna-Schachtes war mit enormen Schwierigkeiten verbunden, mit denen man ursprünglich nicht gerechnet hatte. Der Untergrund (überwiegend Kreide) zeigte sich als sehr klüftig und stark Wasser führend. Der beauftragten Schachtbaufirma gelang es nicht, den Schacht niederzubringen. Daraufhin wurde ein neues Verfahren (Pfahlschürze) angewendet und der Schacht von unseren Bergleuten in Handarbeit abgeteuft. Das verursachte hohe Personal- und Materialkosten. Die Kameraden mussten unter schwierigsten Bedingungen arbeiten und manche bezahlten dafür mit ihrer Gesundheit. Einfacher hingegen war es, 1974 den Schacht aufzugeben. Denn er war letztlich nur eine Betonröhre, umgeben vom Sicherheitspfeiler. Die konnte nach dem Ausbau aller technischen Geräte verfüllt werden. Vorher hatten die 25 Bergleute, die mit den Stilllegungsarbeiten befasst waren, teilweise den Stahlausbau abmontiert und alle Bergbaumaschinen und Werkzeuge nach über Tage geschafft.

In 1977 zeichnete sich die Möglichkeit ab, die Übertageanlagen des Anna-Schachtes einer neuen, sinnvollen Verwendung zuzuführen. Es war geplant, hier die Ausbildung-und Umschulungsaktivitäten der Maxhütte für den Bereich Rosenberg zusammenzufassen. Es hieß, mit der Lösung der Raumfrage würden gleichzeitig die methodischen und medientechnischen Voraussetzungen geschaffen, um die Bildungsplanung und -arbeit in den Griff zu bekommen. Für die Verlegung der Ausbildung vom Schlackenberg nach St.- Anna sprachen, aus damaliger Sicht, mehrere Gründe. Einmal würden die vorhandenen Räume in Rosenberg nicht ausreichen und auch der bauliche Zustand ließe zu wünschen übrig. Die Bausubstanz der ehemaligen Bergbaugebäude wurde dagegen als sehr gut bewertet. Erhalten bleiben müssten sie ohnehin, hieß es, weil dort Versorgungseinrichtungen für Büros und die Altentagesstätte untergebracht waren. Das war möglich, weil der Sicherheitspfeiler um den Schacht unverändert erhalten blieb.

St. Anna Schacht Sicherheitspfeiler u. Richtstrecke zu den Erzfeldern Karoline und Großenfalz.
Quelle: Bergbauverwaltung, Markscheiderei; M 1:5.000, nachbearbeitet.

Unabhängig davon konnte dann später (1997) der Schacht verfüllt werden. Dazu wurde zunächst von der Schachtsohle aus eine rund 20 m hohe Betonsäule eingebracht. Sie sollte verhindern, dass die in den Schacht eingefüllten Sandmengen in die noch offenen Strecken laufen würden. Die restlichen 94 m bis nach über Tage wurden mit einem Material aufgefüllt, das in der Körnung und in der Beschaffenheit bestimmte Voraussetzungen erfüllen musste. D. h., es durfte nicht mit Müll oder anderen Stoffen verunreinigt sein, die langfristig das Grundwasser schädigen könnten. Es musste rieselfähig sein und ausreichend verdichtet werden können, damit keine Hohlräume entstanden. Man verwendete Altgranulat vom Schlackenberg. Ob der Schlackensand alle oben genannten Kriterien heute noch erfüllt, bleibt dahingestellt. Nachdem so die Schachtröhre bis nach über Tage aufgefüllt war, kam noch einmal ein schätzungsweise 1 m dicker Betondeckel auf den Schacht. So steht die Schachtröhre bis heute stabil, ohne dass sich in der Umgebung irgendetwas verändert hat.


Quelle: „MH intern“, 6_1997

Die Förderstrecken selbst, die in Richtung Karoline, Großenfalz, Galgenberg und Eichelberg aufgefahren waren, blieben unverändert. Sie stehen im festen Malmkalk und sind sorgsam ausbetoniert. Der St.-Anna-Schacht war der tiefste Punkt im gesamten Grubengebäude. Deshalb wurde er vom ständig zufließenden Grubenwasser sehr schnell geflutet. Der ursprünglich vorhandene Grundwasserspiegel war bald erreicht. Die einst im stabilen Malmkalk aufgefahrenen Strecken, zu den einzelnen Grubenfeldern, bis nach Großenfalz, stehen wahrscheinlich heute noch unverändert. Sie sind, zum Schacht hin abgeriegelt, mit Dammtoren aus Stahl und meterdickem Beton. Die Erz-Lagerstätten, z. B. unterhalb des Annaberges, am Lobenhof, sowie um den Klenzeschacht und in Großenfalz sind mit ihrem Abbau bereits zu Bruch gegangen. Hier entstanden Bruchfelder, die sich inzwischen schon lange gesetzt haben, und von der Natur zurückerobert wurden.

Von den einst zahlreichen Gebäuden des St.-Anna-Schachtes ist nur mehr eines übrig geblieben. Es ist ein mit roten Klinkern gemauerter Flachbau. Er beherbergte über viele Jahre die Altentagesstätte. Der markante und mächtige, aus meterdickem Beton bestehende Erzbunker wurde für viel Geld abgebrochen. Die Schachthalle, die einst den Förderturm umgab, verschwand nach wenigen Jahren. Der Stadtrat und sogar die Bergleute unter ihnen, zeigten wenig Interesse an der Erhaltung. Das Landesamt für Denkmalpflege interessierte sich auch nicht. Die nicht mehr benötigten Werkstattgebäude, die Kompressorenhalle und der Kühlturm, wurden bald nach der Schließung, von der Maxhütte dem Erdboden gleich gemacht. Es entstand ein Baugebiet.
























Die Statue der Hl. Barbara, aus der Schachthalle, wurde 1974 nach Auerbach gebracht und dort in der Schachthalle von Leonie IV) aufgestellt. 1989 wurde sie auf den Auerbacher Friedhof umgesetzt. So ist sie den Bergleuten nahe geblieben.
Bildquelle: MH intern











45 Jahre nach der Schließung des Eichelberg-Schachtes am 31.3.1977, der letzten in Sulzbach-Rosenberg betriebenen Eisenerzgrube, hat sich endlich eine Gruppe Idealisten aufgemacht, die wenigen noch vorhandenen Spuren der Bergbauregion Amberg -Sulzbach zu suchen und zu erhalten.

Zur Arbeitsgruppe gehören neben, Tanja Weiß der Vorsitzenden des Stiber-Fähnleins, Armin Kraus als Vorsitzenden des Bergknappenvereins, die städtischen Mitarbeiterinnen Christine Schaller-Kokesch und Nina Mutzbauer. Sie bemühen sich, mit einem Gesamtkonzept die Montangeschichte aufzuarbeiten und für die Öffentlichkeit zu dokumentieren. Es umfasst nicht nur den St.-Anna-Schacht, sondern auch den Schaustollen „Max“, den Bergbaupfad oder die Bergbaurelikte im Stadtmuseum. Das Gesamtkonzept für die Montangeschichte soll alle noch vorhandenen Relikte der einstigen Montanindustrie, also auch der Maxhütte, vernetzen. Es soll mit Mitteln aus dem Leader-Programm der EU gefördert werden. Und wie es aussieht, werden mit diesem Gesamtkonzept zur Sulzbach-Rosenberger Montanindustrie endlich Nägel mit Köpfen gemacht (SRZ 18.05.2021). Dann wird hoffentlich von Sulzbachs größter Schachtanlage mehr zu sehen sein als das Fördergerüst.

© Helmut Heinl 3/2022


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