Die Brotzeit vom Schlaudraff - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
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Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Die Brotzeit vom Schlaudraff
In den Sulzbacher Gruben gab es um die Jahrhundertwende einen Steiger namens  Schlaudraff, der bei allen Bergleuten beliebt war. Oft gab er die Reste seiner üppigen Brotzeit dem Neiswirt vom Annaberg mit nach Hause, denn bei dem war mit seinen 11 Kindern immer Schmalhans der Küchenmeister.
Der so bedachte Bergmann bedankte sich jedes Mal artig bei dem Steiger, einmal, weil ihm die Essensreste tatsächlich weiterhalfen und zum anderen auch, weil ihn das Wohlwollen des Steigers und die Bevorzugung gegenüber den anderen Kameraden ehrte.
Als der Neiswirt wieder einmal eine recht große Portion mit nach Hause genommen hatte, fragte ihn der Steiger am nächsten Tag, wie die Brotzeit geschmeckt habe. Worauf der Gefragte arglos antwortete: „Guat woas, dei hom gfressn wai d’ Schlauderaffm“ – und damit war es mit dem Brotzeitrest, für alle Zeiten aus.

Frau Maulaff und die Zeitungsfrau
Die Witwe eines verstorbenen Bergmanns musste ihre schmale Rente etwas aufbessern, trug die Sulzbacher Zeitung aus und kassierte regelmäßig von den Leuten das Zeitungsgeld. Dazu ging sie jeden Monat in die Wohnungen und holte sich den kleinen Betrag ab. Dabei kam sie auch zur Wohnung des Steigers Schlaudraff. Allerdings wusste sie den Namen nicht mehr genau sondern sagte: „Grüß Gott, Frau Maulaff, ich hätte gerne das Zeitungsgeld für den nächsten Monat kassiert“. Die Frau des Steigers sagte zunächst nichts und machte nur ein völlig verbissenes Gesicht. Als sie dann der Zeitungsfrau das Geld ausgehändigt hatte sagte sie ihr recht deutlich „wir heißen Schlaudraff und nicht Maulaff“. Dass der Zeitungsfrau ihr Fehler außerordentlich peinlich war, braucht nicht extra betont zu werden und sie entschuldigte sich vielmals.

Den Erzählungen nach hat sich der Schlaudraff über seinen Namen so geärgert, dass er ihn später in Schlaudruff ändern ließ. Dabei hat dieser Name für uns heute nichts ehrenrühriges, er ist vielmehr eine Abwandlung von Schlaraffen, also jenen sagenhaften Menschen, die im Schlaraffenland üppig gelebt haben. In unserer Mundart sagt man von jemand der sehr viel gegessen hat: noch heute “der hout gfressn wai….Im ausgehenden Mittelalter allerdings, als unsere Namen entstanden, war es ein übles Schimpfwort. Ob der Schlaudraff das gewusst hat?

© Helmut Heinl 4/2020
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