Kriegsgefangene im Bergbau - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
Direkt zum Seiteninhalt
Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Kriegsgefangene im Bergbau Sulzbach-Rosenberg

Zu den im Zweiten Weltkrieg im Bergbau eingesetzten Kriegsgefangenen gibt es, außer den offiziellen Verlautbarungen, bisher nur wenige Informationen. Das umfangreiche Archiv des Sulzbach-Rosenberger Bergbaus wurde vernichtet.

Ab Oktober 1939 forderte die Maxhütte Kriegsgefangene für ihre Erzgruben an. Französische, belgische und polnische Kriegsgefangene wurden daraufhin in allen größeren Betrieben eingesetzt.  Denn die Belegschaft war durch den Krieg ausgedünnt.
Dazu habe mich sowohl mit Obersteiger Ludwig Ritter unterhalten, als auch einiges aus den Gesprächen mit den alten Feuerhofer Bergleuten erfahren.

Den Letzteren zufolge kamen die ersten Kriegsgefangenen aus dem Lager in Amberg auf die Grube Karoline. Mit fortschreitendem Krieg wurden die täglichen Transporte (jeweils für 3 Schichten) zu aufwendig und der Bergwerksdirektor forderte den Bau von Baracken,  damit er die Leute jederzeit griffbereit hatte. Deswegen konnten – den alten Bergleuten zufolge – auch menschlichere Bedingungen herrschen, als in den großen Lagern. Nähere Angaben, wie viele Kriegsgefangene eingesetzt wurden, konnten die Bergleute nicht machen. Zum einen gab es drei Schichten, zum anderen gab es von Karoline bis Etzmannsberg viele Abbauorte. Das konnte der einfache Bergmann nicht überblicken. Von Obersteiger Ludwig Ritter gibt es ein Schriftstück, in dem er kurz auf die Kriegsgefangenen eingeht, s. unten. So wie ich Ritter einschätze, dürften seine Angaben der Wahrheit entsprechen.
Die alten Feuerhofer Bergleute, Wismet, Rösel, Kohl, Stöcklmeier u. a. haben mir erzählt, dass mit den Gefangenen unter Tage ordentlich umgegangen wurde – ungeachtet ihrer Nationalität. Die allermeisten Erzgräber, die mit einem Gefangenen vor Ort arbeiteten, betrachteten ihn als Kameraden. Die Gefangenen arbeiteten ja nicht gemeinsam, sondern wurden, jeweils einzeln, einer Gruppe vor Ort zugeteilt. Zu wem, darauf hatte der Steiger Einfluss.
Durch die räumliche Nähe vor Ort, in Kleinstgruppen, entstand zwangsläufig eine gewisse Vertrautheit. Außerdem nützte den Leuten ein kräftiger Helfer mehr als ein kranker. Schließlich hing ihr Arbeitslohn vom „gemachten Erz“, vom Gedinge ab. Der Kohl Fritz (Schneck) meinte einmal dazu: „Wenn da da Wong assa springt, is da wurscht wer nan mit eihebt“. Das zeigt, dass die Schicksalsgemeinschaft unter Tage keine Unterschiede machte.
Wenn es irgendwie möglich war, steckten die Kameraden dem Gefangenen ein Stück Brot, Geräuchertes oder ein Stück Wurst zu. Die Bergleute damals aßen noch keine Wurstbrote etc. zur Brotzeit, sondern eben Wurst, Geräuchertes, Backsteinkäse in Stücken und Bratheringe.

Die „Berchleit“ sagten mir aber auch, dass man bei einigen Kollegen, die eingefleischte Nazis waren, vorsichtig sein musste. Sie vertraten die offizielle Meinung der Partei, wonach insbesondere Polen und Russen „minderwertig“ waren und behandelten sie entsprechend. Wenn ein solcher merkte, dass man einem Gefangenen etwas zusteckte, und das an die Parteileitung meldete, konnte man ziemlich Ärger bekommen. Allerdings hielten die anderen Kameraden in solchen Fällen auch zusammen und spielten die Sache herunter. Die Denunzianten konnten sich deswegen auf keine Zeugen berufen. Diese Information hat auch Manfred Hausner aus Diskussionen in der Familie erfahren. Er war damals zwar nur 12 – 13 Jahre alt (*1933), konnte sich aber an diese Gespräche noch gut erinnern.

Oft revanchierten sich die Gefangenen im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Sie verschenkten selbst geschnitzte Schnupftabakdosen, andere Schnitzereien oder kleine Bilder.

Handgefertigte Schnupftabakdosen. Archiv Heinl

Persönliche Kontakte außerhalb der Grube waren allerdings ausgeschlossen. Die Bergleute durften nicht in das Barackenlager und die Gefangenen durften nicht heraus. Außerdem hätte es – wäre so etwas herausgekommen – großen Ärger mit den Nazis, Ortsgruppenleiter etc. gegeben.

Die Menge des hereingewonnen Erzes war nicht nur für die Bergleute, sondern vor allem für den Betriebsleiter der Grube Karoline, Norbert Hamacher äußerst wichtig. ObSt. Ritter hat mir erzählt, dass dieser auf Umwegen dafür sorgte, dass die Gefangenen ausreichend zu Essen bekamen, damit sie arbeiten konnten. Er gab seinen Bergleuten, die eine Landwirtschaft hatten, Sägespäne, Bretter oder Schwarten umsonst. Die brachten Kartoffeln, manchmal auch Rüben mit, damit die Kriegsgefangenen besser versorgt werden konnten. Die Sägespäne verwendeten die Bauern als Einstreu für die Tiere und manchmal auch zum Heizen (Sägespäneofen). Wie die Kartoffeln zu den Lagerinsassen kamen, wussten meine Informanten nicht. Dort wo es möglich war, hatten sich die Gefangenen auch die Kartoffeln auf dem Barackengelände selbst angebaut. Manchmal bekamen sie Stecklinge, von den Kameraden und möglicherweise auch von der Grubenleitung. Zuverlässig überliefert ist, dass sich die Gefangenen selbst kochen durften.
Laut ObSt. Ritter gelang es Hamacher diese etwas bessere Behandlung gegenüber den Nationalsozialisten durchzusetzen. Seine Begründung war, wenn er mit so wenig deutschen Bergleuten ordentlich Erz fördern solle, müssen die Gefangen mehr leisten und dazu auch besser ernährt werden.

Von Ritter ist dazu schriftlich überliefert: „ Auf dem Bergwerk waren zu der Zeit gut 100 Kriegsgefangene beschäftigt. Die Polen waren im Tuchersaal (Rosenberger Straße 10) untergebracht, die Russen, Franzosen und Belgier wohnten in mehreren Baracken, am Hang nördlich von Karoline. Nach dem Einmarsch der Amerikaner waren alle gespannt, wie sich diese Leute, von denen Franzosen und Belgier 5 Jahre als Gefangene hier arbeiteten, jetzt verhalten würden. Nichts passierte. Ein Franzose sagte zu mir: „Der Chef und alle Aufsichtspersonen haben uns nicht anders behandelt als die deutschen Arbeiter. Wir haben nichts zu rächen“. In etwa 4 Wochen waren auch die letzten Gefangenen (Franzosen) abgezogen. Die Baracken füllten sich später mit Heimatvertriebenen.

Kriegsgefangene gab es auch im Ersten Weltkrieg im Bergbau, vor allem Franzosen. Es sollen lt. Dr. Achim Fuchs, vom Stadtarchiv Amberg, ca. 110 Männer gewesen sein, die vorwiegend in Sulzbach eingesetzt wurden. Sie kamen vom Lager in Amberg und wurden zunächst täglich hin und her transportiert. Da dies zu aufwendig und zeitraubend war, wurden sie in Sulzbach versorgt und untergebracht. Von meinen oben genannten Gesprächspartnern war aus dem Ersten Weltkrieg  nichts zu erfahren.
Anmerkung: Um falsche Schlüsse zu vermeiden, weise ich ausdrücklich darauf hin, dass es sich hier um Aussagen von Zeitzeugen handelt. Sie beschränken sich auf deren Erlebnisse, die sich ausschließlich auf die Sulzbacher Gruben beschränken.

© Helmut Heinl 12/2022
[B] Informationsbroschüre zum Schlackenberg „Berg aus Schlacke“ Während der nationalsozialistischen Zeit wurde im Bereich des Schlackenberges ein Kriegsgefangenenlager errichtet. Es gehörte zu dem am 27. September 1939 in Betrieb genommenen Kriegsgefangenen-Stammlager (Stalag) XIII A, dessen Hauptverwaltung in Sulzbach-Rosenberg am Loderhof untergebracht war. Baracken des
Stalag XIII A befanden sich im Loderhofgebiet, bei der Grube Karoline, unterhalb des Nord- und Nordosthangs des Schlackenberges und am Eichelberg. Die Bauten am Schlackenberg und Eichelberg sowie bei der Grube Karoline waren von der Maxhütte errichtet worden.

[1] Wie B
Zurück zum Seiteninhalt