Wirtshausgeschichten

Gaststätte „Schinhammer“ von 1953 - 1963
Sulzbach / Rosenberger Straße 30 / Ecke Basteizufahrt
Erinnerungen von Walter Heldrich
Auf dieser Seite teilt Walter Heldrich seine Erinnerungen an diese legendäre Gaststätte. Tauchen Sie ein in die Vergangenheit und entdecken Sie die Geschichten und Anekdoten, die den Schinhammer zu einem unvergesslichen Ort gemacht haben. Lassen Sie sich von den Erinnerungen mitreißen und erleben Sie den Charme und die Atmosphäre, die den Schinhammer so besonders machten. Viel Spaß beim Lesen und Erinnern!

Wirtshäuser gehören zu Bayern wie das Amen in die Kirche
Seit Ende der 1960er Jahre werden die klassischen Wirtschaften im Freistaat Bayern immer weniger
Viele dieser Gasthäuser, die oft ein wichtiger Teil der bayerischen Kultur und Gemeinschaft sind, haben aufgrund von verschiedenen Faktoren wie dem demografischen Wandel, der Veränderung des Freizeitverhaltens und der Konkurrenz durch große Restaurantketten und Fast-Food-Ketten geschlossen. Bayern ist bekannt für seine gemütlichen Wirtshäuser, in denen man regionale Spezialitäten genießen und sich mit Einheimischen und Besuchern gleichermaßen unterhalten kann. Wirtshäuser sind ein wichtiger Teil der bayerischen Kultur und Tradition. In vielen bayerischen Dörfern und Städten gibt es traditionelle Gasthäuser, die oft schon seit Jahrhunderten existieren und ein wichtiger Treffpunkt für Einheimische und Touristen sind.
Die Gäste und Wirte haben oft spannende Erlebnisse und Erfahrungen zu teilen, die von vergangenen Zeiten oder aktuell erlebten Ereignissen handeln.

Die Brauerei Landgraf war eine traditionsreiche Brauerei aus Weiden in der Oberpfalz. Sie wurde 1893 gegründet und war über viele Jahre hinweg eine bekannte und beliebte Brauerei in der Region.
1953 kaufte die Brauerei Landgraf aus Weiden die Gastwirtschaft „Schinhammer“ vom letzten der Schinhammerfamilie, Christof Schinhammer und verpachtete sie an Hans und Anneliese Heldrich.
Einen schriftlichen Pachtvertrag legte die Brauerei Landgraf als Verpächter erst am 11. Mai 1955 für die Zeit vom 01.10.1954 bis 30.09.1959 vor. Bei Nichtkündigung war eine Verlängerung des Vertrags um jeweils ein Jahr vorgesehen.
Leider musste die Brauerei Landgraf im Jahr 1977 ihren Betrieb einstellen. Die genauen Gründe für die Schließung sind mir nicht bekannt

Hier meine Erinnerungen an die Gastwirtschaft "Schinhammer"
Die Gaststätte Schinhammer war ein beliebter Treffpunkt für Einheimische und Besucher der Stadt. In einer Zeit des Aufbruchs und des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg bot die Gaststätte eine herzliche Atmosphäre und einen Ort der Geselligkeit. Sie war ein Ort, an dem Menschen zusammenkamen, um sich zu entspannen, gute Gesellschaft zu genießen und köstliche Speisen und Getränke zu probieren.
Die Heldrich´s hatten drei Kinder, Werner * 1951, † im Jahre 2000, Renate, *1953, Walter, *1957 (Autor).
Der Kellner-Lehrling Hans Heldrich lernte im Betrieb „Böhms Herrenkeller“ in Nürnberg vom 1. April 1934 bis 31. März 1937 und unterzog sich am 23. März 1937 der Gehilfenprüfung mit dem Prädikat „Ziemlich gut“.
Der „Schinhammer“ war ein beliebtes gutbürgerliches Wirtshaus, in dem man gut essen und trinken konnte. Die Speisekarte umfasste traditionelle bayerische Gerichte. Die Gäste konnten auch eine Vielzahl erfrischender Getränke genießen, darunter regionale Biere und erlesene Weine.
Damals kostete der Schweinebraten noch 1,70 DM mit Knödel und Salat - heute bekommt man nicht einmal einen Salat dafür. Auf der Speisekarte konnte man auch schon mal Spezialitäten finden, wie z.B. Froschschenkel usw. Es gab auch einen Straßenverkauf, da kam die Laufkundschaft aus der Umgebung mit Kannen und Masskrügen und man konnte sich das Bier außerhalb des Gastraumes abholen. Das war eine Türe mit einem Fenster, da wurde geklingelt und das Fenster wurde hochgeschoben.

Neben dem gastronomischen Angebot war die Gaststätte Schinhammer auch ein Ort für Veranstaltungen und Feierlichkeiten. Ob Geburtstagsfeiern, Hochzeiten oder Jubiläen, die Gaststätte bot den idealen Rahmen für besondere Anlässe.
Hier trafen sich Menschen aus verschiedenen Generationen und tauschten Geschichten und Neuigkeiten aus. Es war ein Ort der Zusammenkunft, an dem lokale Ereignisse diskutiert wurden und Freundschaften entstanden.
Damals war die Gaststätte Kulturstätte, Wärmestube und Ort der Geselligkeit zugleich. Hans Heldrich war sehr fußballbegeistert und somit verkehrten auch viele Sportfreunde in der Wirtschaft. Ebenso war die Gaststätte von den Bergleuten gut besucht, denn auf dem Weg von der Schicht nach Hause kehrte man mehr als regelmäßig dort ein - da gibt es auch von Helmut Heinl eine kleine Geschichte "Der Friedhofsbomber".
Stammtisch
Am Stammtisch vorbeizukommen lohnte sich immer. Hier trafen sich alle Gesellschaftsschichten, es wurde natürlich politisiert und beim Bier wurden auch schon mal Aufträge ausgemauschelt. Man musste die Gäste teilweise am späten Sonntagmorgen nach durchzechter Nacht rauswerfen. Die Stube war oft so verqualmt, dass man die Luft schneiden konnte, denn in den 60er Jahren wurde noch sehr viel geraucht. Das HB-Männchen der gleichnamigen Zigarettenmarke erreichte sogar Kultstatus.
Das Männchen wurde zu einer bekannten Kultfigur in Deutschland und erlangte große Popularität. Obwohl die Werbung mit dem HB-Männchen in den 1990er Jahren eingestellt wurde, bleibt die Figur bis heute im kollektiven Gedächtnis vieler Menschen präsent. Sie steht für eine humorvolle und sympathische Werbeikone aus vergangenen Zeiten.

Sonntags wurde natürlich im Gastzimmer nach alter Bayerischer Tradition "Schafkopf" gespielt, an mind. 5 - 6 Tischen. Es waren hauptsächlich „Maxhütterer“ zum Kartenspielen da, die auch schon mal teilweise ihren Monatslohn verspielten. Das Wirtshaus bot eine gemütliche und urige Atmosphäre für das Schafkopfspiel. Rauchendes Personal, rustikale Einrichtung und das Ambiente eines bayerischen Wirtshauses trugen zum Erlebnis bei.
Nach der Kirche gab es dann mittags einen saftigen Schweinebraten. Das Mittagessen in den Wirtshäusern war in den 60er Jahren in der Regel erschwinglich. Das Essen wurde selbst zubereitet und war bekannt für ihre hausgemachte Qualität und den traditionellen Geschmack. Es wurde viel Wert auf die Verwendung von frischen Zutaten und die Zubereitung nach überlieferten Rezepten gelegt.
Der „Schinhammer“ war ein familiengeführter Betrieb, meine Schwester stand bereits mit zwei Jahren hinter der Theke auf einem Schemel und hat mehr oder weniger Bier eingeschenkt. Der Wirt kannte seine Stammgäste persönlich und sorgte für eine herzliche und vertraute Atmosphäre. Jedes Familienmitglied hatte seine eigene Rolle und Aufgabe im Betrieb, sei es in der Küche, im Service oder in der Verwaltung.
Im Lokal gab es ab 1955 auch eine Musikbox, dies war damals ein Hit. Das Gerät spielte bei 2 x 10 Pfennig 1 Musikstück, bei 50 Pfenning 3 Musikstücke und bei 1 DM 6 Musikstücke. Selbst besitze ich auch eine Musikbox „ROWE AMI Tropicana“ Baujahr 1963/64, 200 Titelwahlmöglichkeiten auf 100 Vinyl-Singles, Einwurf auch hier wie damals 1 DM = 6 Musikstücke. Heutzutage sind Musikboxen wie die ROWE AMI Tropicana bei Sammlern und Liebhabern von Vintage-Technologie und Musikautomaten sehr begehrt. Sie sind ein nostalgisches Stück aus vergangenen Zeiten und können oft in Retro-Bars, Veranstaltungsorten oder privaten Sammlungen gefunden werden.
Auf der gegenüberliegenden Seite vom „Schinhammer“ war der „Gasthof Post“, da gab es die ersten Pommes in Sulzbach. Von 1967 bis 1976 befand sich dort die Grinzinger Brathendlstation, dahinter das Capitol-Kino. Das Schulhaus und die „Bastei“ mit dem damals wohl schönsten Biergarten waren auch gleich um die Ecke. Gegenüber an der Allee befand sich auch das Kriegerdenkmal (wurde 1967 abgerissen), der Stadtturm stand zu dieser Zeit noch nicht.


Nebenan befand sich die Lottostelle von Frau Eichenauer und das Lebensmittelgeschäft „Hoffmann“. Der Besitzer war Walter Hoffmann mit seiner Frau Maria, da lernte ich schon als Kind was ein Kaufmann ist, denn ich stand ab und zu mit hinter der Ladentheke (die Hoffmann´s waren meine Paten). Die meisten Lebensmittel waren in großen Schüben oder Fässern. Zucker, Salz, Mehl, Reis und andere Grundnahrungsmittel wurden lose verkauft und erst auf der Ladentheke ausgewogen und in Papiertüten verpackt, für Bismarckheringe brachten die Kunden eigene Behälter mit. Zur damaligen
Zeit ein typischer Tante Emma Laden, heute würde man dazu "Unverpacktladen" sagen. Es gab alles, was man fürs Leben benötigte. Verpackungsmüll wurde in früheren Zeiten kaum produziert. Kartons und Papiertüten wurden grundsätzlich mehrfach verwendet und landeten dann irgendwann zum Anheizen im Ofen. Hatte man was vergessen, so klopfte oder klingelte man außerhalb der Ladenöffnungszeiten an der Privatwohnung und ging - wie es im örtlichen Sprachgebrauch hieß - „hintenherum” einkaufen. Das alte Hoffmannhaus wurde 1972 abgerissen und ein modernes Ärztehaus mit Apotheke erstellt.

Heute gibt es in Deutschland solche Geschäfte fast nicht mehr. Sie wurden durch Supermärkte verdrängt. Jetzt steht hier die Marien-Apotheke.


Leider schloss die Gaststätte Schinhammer im Jahr 1963 ihre Türen und hinterließ eine Lücke in der kulinarischen und sozialen Landschaft von Sulzbach-Rosenberg. Dennoch bleibt sie in den Erinnerungen derjenigen, die sie besucht haben, als ein Ort der Herzlichkeit und Geselligkeit fest verankert. Die ehemalige Gaststätte Schinhammer wird immer ein Symbol für eine vergangene Ära sein, in der Menschen zusammenkamen, um das Leben zu feiern und gemeinsam unvergessliche Momente zu schaffen.
Heute, viele Jahre nach der Schließung der Gaststätte Schinhammer, erinnere ich mich mit großer Freude an diese wunderbare Zeit zurück.

Gasthof "Zur Sonne"
Danach zogen wir zu Georg und Erika Heldrich (Schwester meiner Mutter und Bruder meines Vaters) in den Boch ins Gasthaus „Zur Sonne“. Ab jetzt war ich ein „Bochratz“.
1978 wechselte ich dann den Stadtteil und zog in den hohen Norden von Sulzbach auf den Feuerhof.
Die "Sonne" führte meine Cousine Inge noch bis 1992.
Ob das Traditionsgasthaus "Zur Sonne" jemals wieder an den Glanz vergangener Zeiten anknüpfen kann? Angesichts mehrerer vergeblicher Anläufe nach dem Weggang der Wirtsfamilie Heldrich im Jahr 1992 hatt man inzwischen wohl die Hoffnung begraben, dass die Erfolgsgeschichte des renommierten Wirtshauses im "Bochviertel" jemals weiter geschrieben würde, das Gasthaus steht zwischenzeitlich auch leer.

1968 verschwindet das alte „Schinhammerhaus“, das zum vertrauten Stadtbild gehörte. An dieser Stelle errichtete 1969 das Bekleidungshaus Heim einen Geschäftsneubau, der bis 1998 Bestand hatte. Im Jahr 1998 übernahm der renommierte Drogeriemarkt Müller das Gebäude und prägte es bis zum Jahr 2022.
Wirtsgeschichte der Heldrichs
Von bescheidenen Anfängen bis hin zu bemerkenswerten Errungenschaften hat die Heldrich-Familie eine reiche Geschichte, die eng mit ihrer Heimatregion und ihren Werten verbunden ist. Die Heldrichs stammen aus Forsthof und von 5 Brüdern führten 4 ein eigenes Wirtshaus: Hans die „Schinhammer-Wirtschaft“, Georg den Gasthof „Zur Sonne“, Michael die Wirtschaft in Forsthof und Andreas war in Neukirchen Wirt.
Diese außergewöhnliche Familiengeschichte ist geprägt von Unternehmergeist, Leidenschaft für die Gastronomie und dem Streben nach Erfolg. Jeder der Heldrich-Brüder brachte seine einzigartigen Fähigkeiten und Talente in das Wirtshausgeschäft ein, was zu einer beeindruckenden Vielfalt an kulinarischen Erlebnissen und Gastfreundschaft führte.
Dann gibts auch noch Wirtshäuser mit dem Namen Heldrich in Rosenberg und Edelsfeld, in Amerika gibt es sogar ein Hotel, dies ist inzwischen aber eine andere Linie.
Aus der vorausgehenden Auflistung ist ersichtlich, dass von fünf Heldrich-Brüdern vier eine Gastwirtschaft betrieben, zwei in Sulzbach (Georg und Hans), Andreas in Neukirchen und Michael zu Hause in Forsthof. Im nachfolgenden Bild sind die 4 Wirte vertreten:

Sitzend von links nach rechts: Pauline Heldrich * 1937, dahinter mit Auge und Nase der „Sonnenwirt“ Georg, seine Frau Erika * 1925,
Winkler ein Zigarettenvertreter, Andreas Heldrich, Michael Heldrich, Hans Heldrich, Brigitte Heldrich, Helmut Heldrich * 1943,
Stehend rechts: Rosa Heldrich, geborene Kraus (Andreas` Ehefrau), stehend links: Else Heldrich (Heiner´s Ehefrau)
Foto entstand bei der Hochzeit von Pauline in Forsthof
Solche Geschichten zeigen, wie eng das Wirtshausleben mit der bayerischen Kultur und Tradition verbunden ist. Die Wirtshäuser sind Orte der Gemeinschaft, wo man sich trifft, um zu feiern, zu essen und zu trinken, und wo man oft auch interessante und lustige Geschichten hört. Sie erzählen von historischen Ereignissen, aber auch von aktuellen Entwicklungen und Geschehnissen in der Region. Besucher haben in den gemütlichen Wirtshäusern die Möglichkeit, Teil dieser Geschichten zu werden und sich mit den Einheimischen auszutauschen.
Walter Heldrich, August 2022


Chronik
Daten aus dem Buch von Erwin Kraus „Das Sulzbach-Rosenberger Brauwesen“
Die Gastwirtschaft Hs. Nr. 342 in der Rosenberger Straße/Ecke Basteizufahrt, ehemaliges Zagel´sches Haus erwarb Peter Aman.
- 1870 Leonhard Schinhammer wurde neuer Besitzer des Gasthofs. Leonhard Schinhammer war Gesellschafter bei der Vorderen Brauhausgesellschaft und stellte sein eigenes Bier her. So verbraute er 1882/83 – 108 hl Malz und 1895/96 – 142 hl Malz.
- 1898 starb Leonhard Schinhammer, nach ihm führte seine Ehefrau Kunigunde die Gastwirtschaft weiter. Kunigunde Schinhammer übte auch weiterhin das Braurecht aus.
- 1927 so braute sie in diesem Jahr insgesamt neunmal im Gesellschaftsbrauhaus
- 1928 erscheinen Johann Leonhard und Margaretha Schinhammer als Brauhausgesellschafter im Grundbuch. In einem Brauereiadressbuch von 1938 inserierten die Schinhammers sogar als Brauerei, wenngleich sie nie ein eigenes Brauhaus hatten.
- 1953 wurde im August der Gasthof verkauft, vom letzten der Schinhammerfamilie, Christof Schinhammer. Das Anwesen Schinhammer, Rosenberger Straße 30, ging an die Brauerei Landgraf in Weiden, Inhaber Wärtel.
- 1953 bis 1963 hatte die Brauerei Landgraf den Gasthof an Hans Heldrich verpachtet.
- 1963 verkaufte die Brauerei Landgraf den Gasthof an das Bekleidungsgeschäft Alfons Heim in Amberg. Und wieder verschwindet in der Sulzbacher Innenstadt, ein Haus, das zum vertrauten Stadtbild gehörte.
- 1968 wurde der ehemalige Gasthof abgebrochen
- 1969 ein Neubau des Bekleidungshauses Heim an dieser Stelle errichtet und im Dezember eröffnet
- 1998 zog Drogeriemarkt Müller ein, der bis 2022 bestand
Fotos aus Familienbesitz und alte Bilder von Erwin Kraus