ehemalige Schinhammer Wirtschaft - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
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Wirtshausgeschichten 

Klenzeschacht
Gaststätte „Schinhammer“ von 1953 - 1963
Erinnerungen von Walter Heldrich

In den Jahren von 1953 bis 1963, an der Ecke Rosenberger Straße 30 zur Basteizufahrt in Sulzbach, war die Gaststätte "Schinhammer" mehr als nur ein Ort zum Essen und Trinken - sie war ein lebendiges Kapitel in der Geschichte unserer Stadt. Als Sohn des Wirtsehepaars Hans und Anneliese Heldrich ist meine Kindheit untrennbar mit diesem gastlichen Ort verbunden.

"Wirtshäuser gehören zu Bayern wie das Amen in die Kirche", so lautet ein altes Sprichwort, das die tiefe Verwurzelung der bayerischen Kultur mit der Tradition der Wirtshäuser unterstreicht. Über viele Jahrhunderte hinweg waren diese Gasthäuser nicht nur Orte des kulinarischen Genusses, sondern auch wichtige Treffpunkte für die Gemeinschaft. Hier wurden Geschichten ausgetauscht, Freundschaften geschlossen und lokale Traditionen gepflegt.

"Die Geburt eines Treffpunkts: Die Übernahme der Gastwirtschaft 'Schinhammer' im Jahr 1953"

Im Jahr 1953 erwarb die renommierte Brauerei Landgraf die traditionsreiche Gastwirtschaft "Schinhammer" von Christof Schinhammer, dem letzten Vertreter der Schinhammerfamilie, und übergab sie in die Hände von Hans und Anneliese Heldrich zur Verpachtung. Mit viel Herzblut und Engagement führten sie das Gasthaus, das fortan ein beliebter Treffpunkt für die Bewohner von Sulzbach-Rosenberg und darüber hinaus wurde.

Hans und Anneliese Heldrich waren Eltern von drei Kindern: Werner, Renate und Walter (der Autor dieses Textes). Gemeinsam bildeten sie ein eingespieltes Team, das dafür sorgte, dass die Gastwirtschaft "Schinhammer" nicht nur für erstklassige Speisen und Getränke bekannt war, sondern auch für ihre herzliche Atmosphäre und Gastfreundschaft geschätzt wurde.

Die Jahre, die die Familie Heldrich in der "Schinhammer"-Wirtschaft verbrachte, waren geprägt von vielen unvergesslichen Momenten und Herausforderungen, die sie gemeinsam meisterten. Ihre Geschichte ist eng mit der Geschichte des Gasthauses verbunden und trägt dazu bei, dass die Erinnerung an diesen besonderen Ort noch lange lebendig bleibt.

Der "Schinhammer" war ein traditionsreiches Wirtshaus, das in der Vergangenheit bei den Bürgern sehr beliebt war. Hier konnte man nicht nur vorzüglich speisen und trinken, sondern auch die gesellige Atmosphäre genießen. Zu einer Zeit, als der Geldbeutel noch nicht so stark strapaziert wurde, konnte man einen deftigen Schweinebraten mit Knödel und Salat für schmale 1,70 DM genießen - ein Preis, der heute kaum noch vorstellbar ist, geschweige denn für einen einfachen Salat ausreichen würde.

Die Speisekarte des "Schinhammers" war stets ein Spiegelbild der regionalen Kulinarik und bot mitunter auch ungewöhnliche Leckerbissen wie Froschschenkel. Die Gäste kamen nicht nur zum Speisen und Verweilen, sondern auch für den Straßenverkauf, der eine besondere Attraktion darstellte. Aus der Umgebung strömten die Kunden herbei, mit ihren Kannen und Masskrügen bewaffnet, um sich das frische Bier für den Heimweg zu sichern. Dafür gab es einen eigens eingerichteten Verkaufsbereich, eine Tür mit einem kleinen Fenster. Ein kurzes Klingeln genügte, und das Fenster wurde geöffnet, um die Durstigen außerhalb des Gasthauses zu bedienen.

Der "Schinhammer" war mehr als nur ein Ort zum Essen und Trinken, es war ein Treffpunkt für Jung und Alt, für Geschäftsleute und Arbeiter, für Einheimische und Fremde. Seine Geschichte und Tradition lebten in den Erinnerungen seiner Gäste fort, auch wenn sich die Zeiten und Preise längst geändert hatten.

(Bild Speisekarte)

Die Gaststätte war mehr als nur ein Ort zum Essen und Trinken - sie war eine Kulturstätte, eine Wärmestube und ein Treffpunkt für geselliges Beisammensein. Hans Heldrich, der Wirt, teilte die Fußballleidenschaft vieler seiner Gäste und so waren auch zahlreiche Sportfreunde Stammgäste in der Wirtschaft. Die Bergleute, die auf dem Weg von der Schicht nach Hause waren, kehrten dort mehr als regelmäßig ein. Eine kleine Anekdote von Helmut Heinl mit dem Titel "Der Friedhofsbomber" zeugte von den lebhaften Geschichten, die sich in dieser Gaststube abspielten.
 
Der Stammtisch der Gaststätte war ein lebendiges Zentrum, an dem sich Menschen aller Gesellschaftsschichten trafen. Hier wurde nicht nur über Fußball diskutiert, sondern auch politische Themen wurden lebhaft debattiert. Zwischen einem frisch gezapften Bier wurden auch schon mal Geschäfte abgeschlossen und Aufträge vergeben. Manchmal musste der Wirt sogar am späten Sonntagmorgen Gäste hinauswerfen, die eine durchzechte Nacht hinter sich hatten.

Die Stube war oft so verqualmt, dass man die Luft förmlich schneiden konnte - in den 60er Jahren wurde noch überall geraucht. Das HB-Männchen, das Maskottchen der gleichnamigen Zigarettenmarke, hatte sogar einen gewissen Kultstatus erreicht und war allgegenwärtig in der Gaststätte zu finden.
 
In meinen Erinnerungen lebt die Zeit weiter, als selbst Polizisten in der Küche des Wirtshauses zum gemütlichen Kaffeetrinken saßen. Ein kleiner Fernseher sorgte für gesellige Unterhaltung, um den sich die Gäste gerne drängten, um die neuesten Nachrichten oder vielleicht auch das Fußballspiel zu verfolgen. An Sonntagen wurde im Gastzimmer nach alter bayerischer Tradition "Schafkopf" gespielt, an mindestens fünf bis sechs Tischen gleichzeitig. Die meisten Spieler waren "Maxhütterer", die oft ihren Monatslohn beim Kartenspiel aufs Spiel setzten. Nach dem Kirchgang gab es dann mittags den traditionellen saftigen Schweinebraten, der die Gäste mit seinem köstlichen Duft lockte.
 
Schon mit zwei Jahren stand meine Schwester Renate hinter der Theke auf einem Schemel und half mit, und hat mehr oder weniger Bier ausgeschenkt, ebenso mein Bruder Werner und ich der kleine Walter schlich sich gerne hinter die Theke, um heimlich von den Leckereien zu naschen.
 
Bereits ab 1955 gab es in der Gaststube eine Musikbox, die damals ein wahrer Hit war. Für nur 2 x 10 Pfennig konnte man sich ein Musikstück gönnen, für 50 Pfennig sogar drei Stücke und für 1 DM ganze sechs Stücke.

Seit dem Jahr 2000 bin ich stolzer Besitzer einer Jukebox. Sie thront majestätisch in unserem Wohnzimmer, ein strahlendes Relikt vergangener Tage, das nicht nur funktioniert, sondern auch als dekoratives Element dient. Die glänzende Oberfläche und das leuchtende Display ziehen die Blicke jedes Besuchers auf sich und versetzen uns zurück in eine Ära, in der Musik noch auf Vinylplatten gespielt wurde.
 
Meine Töchter sind mit den Klängen der alten Schlager und des Rock'n'Roll aufgewachsen, die aus den Lautsprechern der Jukebox erklangen. Sie tanzten und sangen zu den rhythmischen Melodien, die unsere Wohnzimmerwände erfüllten. Die Hits vergangener Jahrzehnte wurden zu einem festen Bestandteil ihrer Kindheitserinnerungen.
 
Und nun sind es meine Enkel, die sich von den zeitlosen Klängen der Jukebox verzaubern lassen. Sie drücken begeistert die bunten Knöpfe, um ihre Lieblingslieder auszuwählen, und tanzen ausgelassen zu den bekannten Rhythmen. Für sie ist die Jukebox nicht nur ein Musikautomat, sondern ein magischer Schatz voller musikalischer Erinnerungen, den sie mit ihren Großeltern teilen.




Das Umfeld der Gastwirtschaft
 
Gegenüber des "Schinhammers" befand sich der "Gasthof Post", wo man die ersten Pommes in Sulzbach genießen konnte. Von 1967 bis 1976 wurde dort die Grinzinger Brathendlstation betrieben, und dahinter befand sich das Capitol-Kino, das viele unterhaltsame Stunden bot. Das Schulhaus und die "Bastei" mit ihrem wohl schönsten Biergarten waren ebenfalls gleich um die Ecke zu finden. An der Allee gegenüber stand einst das Kriegerdenkmal, das jedoch 1967 abgerissen wurde, während der Stadtturm zu jener Zeit noch nicht existierte.

Direkt nebenan befanden sich die Lottostelle von Frau Eichenauer und das Lebensmittelgeschäft "Hoffmann", wo ich bereits als Kind lernte, was es heißt, ein Kaufmann zu sein. Ab und zu durfte ich hinter der Ladentheke stehen und den Kunden helfen. Die meisten Lebensmittel wurden in großen Schüben oder Fässern aufbewahrt. Zucker, Salz, Mehl, Reis und andere Grundnahrungsmittel wurden lose verkauft und erst auf der Ladentheke ausgewogen und in Papiertüten verpackt. Für Bismarckheringe brachten die Kunden sogar ihre eigenen Behälter mit. Damals war dies ein typischer Tante-Emma-Laden, heute würde man ihn wohl als "Unverpacktladen" bezeichnen. Es gab alles, was man für das tägliche Leben benötigte, und Verpackungsmüll wurde kaum produziert. Kartons und Papiertüten wurden grundsätzlich mehrfach verwendet und später zum Anheizen im Ofen verwendet.

Wenn man etwas vergessen hatte, klopfte oder klingelte man außerhalb der Ladenöffnungszeiten an der Privatwohnung und ging "hintenherum" einkaufen, wie es im örtlichen Sprachgebrauch hieß. Heutzutage sind solche Geschäfte in Deutschland fast verschwunden, sie wurden von Supermärkten verdrängt. Anstelle des Lebensmittelgeschäfts steht nun die Marien-Apotheke, und die Erinnerungen an die charmante Atmosphäre eines kleinen Dorfladens werden zunehmend zu einer seltenen Nostalgie.





"Ein plötzlicher Verlust und das Ende einer Ära: Abschied von Hans Heldrich und der Gaststätte 'Schinhammer' im Jahr 1962"

 
Im Jahr 1962 verlor ich meinen Vater, Hans Heldrich, im Alter von nur 41 Jahren plötzlich auf einem Fußballplatz in Schwarzenfeld an einem Herzinfarkt. Noch ein weiteres Jahr führte meine tapfere Mutter die Gaststätte weiter, bis sie schließlich 1963 endgültig geschlossen wurde. Die Brauerei Landgraf verkaufte den Gasthof an das Bekleidungsgeschäft Alfons Heim in Amberg.

Nach dem Verkauf zogen wir zu Georg und Erika Heldrich, meiner Tante und meinem Onkel mütterlicherseits, in den Boch, wo wir im Gasthaus "Zur Sonne" eine neue Heimat fanden. Von diesem Zeitpunkt an war ich ein stolzer "Bochratz". Im Jahr 1978 entschied ich mich dann, den Stadtteil zu wechseln, und zog in den hohen Norden von Sulzbach auf den Feuerhof.

Meine Cousine Inge führte die "Sonne" noch bis 1992 weiter. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, neue Pächter zu finden, steht das Gasthaus zwischenzeitlich leer und wartet darauf, wieder mit Leben gefüllt zu werden. Doch die Erinnerungen an die glücklichen Zeiten, die wir dort erlebt haben, werden für immer in unseren Herzen bleiben.

Im Jahr 1968 verschwand das alte "Schinhammerhaus", das jahrelang ein vertrautes Element des Stadtbildes gewesen war. An seiner Stelle errichtete das Bekleidungshaus Heim einen modernen Neubau für sein Geschäft. Dieser markante Wandel in der Architektur der Stadt spiegelte die Veränderungen und das Wachstum der Zeit wieder.

Nach dem Bekleidungshaus Heim übernahm später der Drogeriemarkt Müller das Gebäude und nutzte es bis zum Jahr 2022. In diesen Jahren wurde das Gebäude zu einem wichtigen Teil des städtischen Lebens, ein Ort, an dem die Menschen einkauften, sich trafen und Erledigungen machten.

Die Geschichte des alten "Schinhammerhauses" mag zwar vorbei sein, aber die Erinnerungen daran werden in den Herzen derjenigen weiterleben, die seine Wärme und seinen Charme erlebt haben. Die Veränderungen in der Stadtlandschaft sind ein Zeichen für den Fortschritt, aber auch für die Notwendigkeit, die Vergangenheit zu würdigen und ihre Spuren in der Gegenwart zu bewahren.

"Die Heldrichs: Eine Familie, vier Wirtshäuser und ein Erbe für die Ewigkeit"

Die Heldrichs sind eine alteingesessene Familie aus Forsthof, und das Wirtshandwerk liegt ihnen im Blut. Alle vier Brüder hatten jeweils ihr eigenes Wirtshaus: Hans führte die "Schinhammer-Wirtschaft", Georg den Gasthof "Zur Sonne", Michael die Wirtschaft in Forsthof und Andreas war Wirt in Neukirchen. Die Familienbetriebe waren nicht nur Orte des Genusses und der Geselligkeit, sondern auch wichtige Ankerpunkte in ihren jeweiligen Gemeinden.

Neben diesen bekannten Gasthäusern gab es auch Wirtshäuser mit dem Namen Heldrich in Rosenberg und Edelsfeld, die jedoch zu einer anderen Linie der Familie gehörten. Diese Betriebe trugen ebenso zum kulturellen und gesellschaftlichen Leben ihrer Region bei und waren oft Treffpunkte für Einheimische und Besucher gleichermaßen.

Die Heldrichs haben durch ihre Wirtshäuser eine bedeutende Rolle in der Geschichte und Tradition der Region gespielt und hinterlassen ein Erbe, das weit über ihre Zeit als Wirte hinausreicht. Ihre Gastfreundschaft und ihr Engagement werden noch lange in Erinnerung bleiben.


Zweiter von Links: Georg Heldrich, fünfter von Links: Andreas Heldrich daneben Michael Heldrich und Hans Heldrich  

Walter Heldrich, August 2022

Chronik

Die Gastwirtschaft Hs. Nr. 342 in der Rosenberger Straße/Ecke Basteizufahrt, ehemaliges Zagel´sches Haus erwarb Peter Aman.

  • 1870 Leonhard Schinhammer wurde neuer Besitzer des Gasthofs. Leonhard Schinhammer war Gesellschafter bei der Vorderen Brauhausgesellschaft und stellte sein eigenes Bier her. So verbraute er 1882/83 – 108 hl Malz und 1895/96 – 142 hl Malz.
  • 1898 starb Leonhard Schinhammer, nach ihm führte seine Ehefrau Kunigunde die Gastwirtschaft weiter. Kunigunde Schinhammer übte auch weiterhin das Braurecht aus.
  • 1927 so braute sie in diesem Jahr insgesamt neunmal im Gesellschaftsbrauhaus
  • 1928 erscheinen Johann Leonhard und Margaretha Schinhammer als Brauhausgesellschafter im Grundbuch. In einem Brauereiadressbuch von 1938 inserierten die Schinhammers sogar als Brauerei, wenngleich sie nie ein eigenes Brauhaus hatten.
  • 1953 wurde im August der Gasthof verkauft, vom letzten der Schinhammerfamilie, Christof Schinhammer. Das Anwesen Schinhammer, Rosenberger Straße 30, ging an die Brauerei Landgraf in Weiden, Inhaber Wärtel.
  • 1953 bis 1963 hatte die Brauerei Landgraf den Gasthof an Hans Heldrich verpachtet.
  • 1963 verkaufte die Brauerei Landgraf den Gasthof an das Bekleidungsgeschäft Alfons Heim in Amberg. Und wieder verschwindet in der Sulzbacher Innenstadt, ein Haus, das zum vertrauten Stadtbild gehörte.
  • 1968 wurde der ehemalige Gasthof abgebrochen
  • 1969 ein Neubau des Bekleidungshauses Heim an dieser Stelle errichtet und im Dezember eröffnet
  • ? zog Drogeriemarkt Müller ein, der bis 2022 bestand

alte Bilder und Chronik von Erwin Kraus

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