Bergbau/Erzbergbau im Blick der Politik - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Klenzeschacht
Ehemaliger Maxhütten-Arbeitsdirektor Manfred Leiss
"Bergbau, Maxhütte, Sozialgeschichte"
Bergbau/Erzbergbau im Blick der Politik

Die  Staatsbergwerke in Bayern hatten im 19. Jahrhundert einen hohen  politischen Stellenwert und niemand fand es anrüchig, dass der Staat  Wirtschaftsunternehmen besaß. Als die Maxhütte 1987 auf der Kippe stand,  war die Forderung nach Staatsbeteiligung dagegen mit der  Ordnungspolitik unvereinbar. So lohnt es sich, die Berichte und dazu  debattierten Meinungen des Finanzausschusses der Bayerischen  Abgeordneten Kammer von 1881 und 1882 zu lesen. In Beilage Nr. 41(02.12.1881)  wird unter Bergwerke einleitend festgestellt: „Seit  mehreren Jahren haben sich die Betriebs- und Absatzverhältnisse unserer  Staatsbergwerke ungünstiger gestaltet. Der Nothstand, unter welchem die  gesamte Industrie seit Jahren leidet, dauerte auch im Jahre 1879 fort  und wirkte namentlich auf den Absatz der Steinkohlen nachtheilig, indem  die Hauptabnehmer derselben, die Eisenbahnen, die Hüttenwerke und  Fabriken, aus obiger Ursache den Betrieb einschränkten. Auch die  Verkaufspreise gingen zurück, indem, wie dies schon früher der Fall, die  Konkurrenz der Bergwerke an der Ruhr, welche selbst nach Lothringen  verkaufen, die Saarbrücker Bergdirektion und dadurch die pfälzische  Grubenverwaltung, resp. die General-Bergwerks- und Salinenadministration  zwang, ihre Preise herabzusetzen. Ähnliche Verhältnisse bestehen  zwischen der Grube Hohenpeißenberg und Miesbach- Penzberg, bzw. den böhmischen Kohlenwerken.“
 
Es  wird dann vermerkt, dass nur St. Ingbert und Mittelbexbach eine  „Reineinnahme“ lieferten, während die anderen Werke „Zubußen“ (Verluste)  aufzuweisen haben. Beklagt werden auch die geringen Absätze an  Eisenstein z.B. von Amberg  an das Berg- und Hüttenamt Bodenwöhr.
 
Das  Hüttenwerk Bergen förderte nur wenig Eisenstein für den eigenen Bedarf  und die Hütte Bodemais verarbeitete die gewonnenen Erze selbst. Mit den  ausgewiesenen Verkaufspreisen bei Steinkohle von 1, 19 Mark per 100 kg  im Jahre 1875 und 0,83 Mark in 1879 drückt sich der Preisverfall aus.
 
Es  werden die Einnahmen-Ausgabenrechnungen folgender Bergwerke vorgelegt:  St.Ingbert, Steinkohlengrube Mittelbexbach, Steinkohlengrube Odenbach-  Roth, Steinkohlengrube Hohenpeißenberg, Eisensteinbergbau Amberg. Die  Ergebnisdarstellung  der Hüttenwerke erfasst folgende Werke: Berg- und Hüttenamt Bergen,  Berg- und Hüttenamt Bodenwöhr, Berg- und Hüttenamt Sonthofen, Hüttenamt  Obereichstätt, Hüttenamt Weiherhammer, Vormalige Hüttenverwaltung  Eisenärzt, Hüttenverwaltung Hagenacker, Hüttenverwaltung Bodenmais.
 
Die  Nennung der vorerwähnten Orte im Ortslexikon des Deutschen Reiches von  1894 läßt die Bedeutung der Eisengewinnung in Bayern erkennen:
 
Bergen bei Traunstein, 191 Einwohner, Maximilianshütte mit  einem Hochofen, Eisengießerei, Stabeisen- und Wagenachsenfabrik.   
Bodenwöhr, 633 Einwohner, Berg-und Hüttenamt, Eisenhütte, Eisenerzgruben. Bodenwöhr  wird erstmals 1123 urkundlich in den historischen Zeugnissen des  Klosters Ensdorf(am Jakobsweg) erwähnt; und um 1464 soll in Bodenwöhr  ein Eisenhammer errichtet worden sein; 1693 entsteht der erste  Schmelzofen und das Hüttenwerk Bodenwöhr gewinnt in der weiteren  Entwicklung an Bedeutung; die stahlferne Produktion endet 1971.
Sonthofen, 1819 Einwohner, Hüttenwerk, Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen, Eisenerzgruben.
Obereichstätt, 377 Einwohner, Hüttenamt und Eisengießerei.
Weiherhammer, 42 Einwohner, Hüttenamt, Eisenwerk.
Eisenärzt b.Traunstein, 210 Einwohner, Hochofen mit Hammerwerk.
Bodenmais,  1291 Einwohner, Berg-und Hüttenamt, Schwefel- und Magnetkiesgruben,  Hüttenwerk für Eisenvitriol und Polierrot (Potee für alle  Glasschleifereien in Deutschland).  

Zur Lage der Hüttenwerke wird beklagt, dass „die höchst ungünstigen Verhältnisse des Eisenhüttenbetriebs, wie sie schon seit einer Reihe  von  Jahren bei unseren Staatshüttenwerken bestehen, auch im Jahre 1879  fortdauerten“ und nur die Hälfte der Hüttenwerke eine Einnahme  lieferten, die anderen aber eine „Zubuße“ (Verlust) erwirtschafteten.  Für das Hammerwerk Hagenacker wird pro 100 kg Produkt (wahrscheinlich  Stabeisen)  ein  Preis von 16,13 Mark genannt. In Bodemais wurden hergestellt  Eisenvitriol, Alaun und besonders von Potee (geschlämmtes Eisenoxidrot)  aus den magnet- und schwefelhaltigen Erzen des dortigen Silberbergs. Für  Alaun wurde immerhin ein Preis von 19,66 Mark erzielt.
 
Spitzenergebnisse der bayerischen Salzwerke und Salinen
Die  Salzwerke und Salinen dagegen- insbesondere durch die Erträge der  Saline Traunstein- glänzten mit positiven Ergebnissen. Erzeugt wurde  damals Steinsalz, Siedesalz und im Weiteren reines Kochsalz, Viehsalz,  Fabrik- und Gewerbesalz sowie Dungsalz.
 
Salzerzeugende  Werke waren: Salzbergbau Berchtesgaden, Saline Berchtesgaden, Saline  Reichenhall, Saline Traunstein, Saline Rosenheim. 1879 waren in den  Bergwerken 1.560 Arbeiter beschäftigt, 760 in den Hüttenwerken und 2.866  in den Salinen.
 
In der  offiziellen „Statistik der Knappschaftsvereine im bayerischen Staate für  das Jahr 1897“, veröffentlicht vom Königlichen Oberbergamt München im  Mai 1898 werden für die Bergamtsbezirke München, Bayreuth und Zweibrücken  in  1897 insgesamt 7.675 Beschäftigte in den Bergwerken und  Aufbereitungsanlagen ausgewiesen. Allein die 4 Werke des  Steinkohlenbergbaus um Miesbach beschäftigten um diese Zeit 2.424 und  das Werk Peißenberg 693 Kumpel. Im wichtigsten bayerischen  Steinkohlenbergwerk in Peißenberg wurden bis zu seiner Schließung 1971  32 Millionen Tonnen Pechkohle gefördert und noch 1950 hatten 3.500  Bergleute dort einen Arbeitsplatz. In einer für Kohleförderung extremen  Tiefe von 1250 m wurde bei 40 Grad Hitze Kohle abgebaut. Für den 1898  erfassten Braunkohlenbergbau Burglengenfeld wurden 303 Kumpel gezählt  und in den 7 Werken des Erzbergbaus in Amberg, Vilseck und Sulzbach  arbeiteten 603 Bergleute. In Zusammenhang  mit  der Einnahmen-Ausgabenrechnung sind die beachtlichen Leistungen der  Bergknappenvereine für ihre Mitglieder und ihr Millionenvermögen  hervorzuheben. Für die damalige Zeit können die Einrichtungen und  Leistungen für Krankenpflege mit 52 Knappschaftsärzten und 8 Spitälern  als herausgehoben bezeichnet werden, ferner die Unterstützungsleistungen  für Invaliden, Witwen und Waisen.
 
Angaben  über die Löhne der Arbeiter fehlen in den Statistiken, dagegen gibt es  Kennzahlen über die Ausgaben für Pensionen und Sustentationen  (Versorgungsbezüge) der Staatsdiener und Staatsbediensteten sowie Witwen  und Waisen. Für Staatsdiener und Staatsbedienstete sind im Berichtsjahr  1881 ausgewiesen: 42.184,51 Mark; für Witwen und Waisen der  Staatsdiener und Bediensteten bei der Bergwerks-, Hütten und  Salinenverwaltung 34.650,59 Mark.                 
 

Die Erträgnisaufstellung (wirklicher Ertrag abzüglich der Zubuße) zeigt folgendes Bild:
 
Bergwerke         73.469,22   M (größter Verlustbringer Hohenpeißenberg)
Hüttenwerke      77.375,--    M (größter Verlustbringer Bergen)
Salinen             792.091,19  M (Verluste nur Berchtesgaden)   

Eine Debatte der Bayerischen Kammer der Abgeordneten
Im Januar 1882 trat dann die die Bayerische Kammer der Abgeordneten zusammen, um über den  Bericht  des „Ausschusses für Gegenstände der Finanzen und Staatsschuld zum Etat  der Bergwerks-, Hütten- und Salinengefälle für 1882/83“ in einer  öffentliche Sitzung Beschluss zu fassen.
 
Der  stenografische Bericht der 34.Sitzung spiegelt wider, mit welcher  Leidenschaft und Hartnäckigkeit über die anstehende Thematik diskutiert  wurde.

Konkurrenzkampf um die Verhüttung des Erzes in der Region Amberg
Die  Abgeordneten setzten sich mit Detailfragen der Eisentechnologie  auseinander, die später manchem Aufsichtsrat zur Ehre gereicht hätten,  jedenfalls ist mir beim Lesen von Protokollen über Debatten des  bayerischen Landtags über die Maxhütte in der Nachkriegszeit  vergleichbares nicht begegnet. Im Brennpunkt stand die Frage, ob in  Amberg für die dort verfügbaren Erze ein Hochofen gebaut werden soll.  Dabei spielte die Maxhütte und ihre Erzpolitik eine große Rolle.
 
Der Berichterstatter: „In  Amberg befindet sich ein Erzbergwerk, das Eisenerz enthält und seit  Jahrhunderten in Betrieb ist. Der Betrieb dieses Bergwerks  war  früher gesichert, weil die Oberpfalz eine Reihe von Eisen- und  Hüttenwerken hatte, welche das Erz abnahmen. Die Eisenkrisis hat jedoch  diese Hochöfen und Hüttenwerke alle verschlungen, und zur Zeit ist nur  noch ein einziges Werk da, welches das Erz aus Amberg abnehmen könnte,  es ist dies die Aktiengesellschaft der Maximilanshütte. Seit 12 Jahren  haben sich wiederholt Hindernisse  ergeben,  sodass man eine Abnahme für die Erze in Amberg überhaupt nicht finden  konnte, und seit 12 Jahren ist deshalb auch die Frage ventiliert worden,  ob der Betrieb des Bergwerks in Amberg nicht auf eine mehr sichere  Grundlage gestellt werden könne, als auf die zufällige und gutwillige  Abnahme des Eisenerzes seitens der Maximilianshütte.“
 
Und der Berichterstatter machte sich zum Anwalt der Amberger Gruben: „Abgesehen  von der Reichhaltigkeit der Amberger Gruben steht auch außer Zweifel,  dass das Amberger Erz von vorzüglicher Qualität ist. Es steht fest, dass  die Amberger Eisensteine einen Gehalt von wenigstens  
 
50 Prozent haben, und dass für Gießerei-Roheisen sogar ein Gehalt  von  beiläufig 55 % erreicht wird. Es steht ferner durch die Versuche fest,  welche in Wittkowitz in Mähren angestellt worden sind, dass aus diesen  Erzen sowohl ein ganz gutes Gießerei-Roheisen als auch ein  vortrefflicher Thomasstahl und ein ebenso treffliches Kesselblech  erzeugt werden könne. Das Amberger Erz ist also nicht nur in großer  Fülle vorhanden, sondern auch in ganz vorzüglicher Weise verwertbar.“
 
Mit  dem Hinweis auf Äußerungen der Maxhütte, dass der Schwerpunkt ihres  Betriebes nicht Bayern sein könne, sondern diesen nach Thüringen  verlegen müsse, tischte der Berichterstatter ein weiteres Argument für  eine eigene Eisenbasis in Amberg auf.
 
Wie sehr die Politik sich damals zum staatlichen Wirtschaften bekannt hat, zeigt diese Aussage an die Abgeordneten: „  Sie mögen von den bayerischen ärarialischen Hüttenwerken denken und  urteilen, was Sie wollen, das eine steht fest, dass diese Hüttenwerke  doch schon einmal eine Einahmsquelle für die bayerische Staatskasse  gebildet haben.“    
 
Abschließend die beschwörende Feststellung: 1.  „ dem Amberger Bergbau kann nicht anders aufgeholfen werden, als durch  die Hochofenanlage; 2. dass den ärarialischen Hüttenwerken nicht anders  aufzuhelfen ist, als durch die Hochofenanlage; 3. dass die  Hochofenanlage rentabel sein werde, weil Absatzgelegenheit da ist, gutes  Eisen erzeugt werden kann, und die Gestehungskosten dieses Eisens nicht  höher kommen werden, als erforderlich ist, um es auf dem ganzen  süddeutschen Markte  mit jedem anderen Eisen konkurrenzfähig zu machen.“   
 
Es  gab aber auch Äußerungen, die von der Notwendigkeit eines Hochofens in  Amberg weniger überzeugt waren, weil es der Maxhütte am Ende  gleichgültig sei und sie sich mit Erzbezug in eine andere Richtung  orientiere. Deshalb auch der Gedanke sich mit der Maxhütte als Abnehmer  zu arrangieren, trotz der von ihr aufgestellten Behauptung, sie könne  Erz selber billiger fördern.
 
Dazu wurden dann auch Vergleiche über die Roheisenkosten angestellt: Schottische Coltneß-  
 
Eisen  98,70  Mark/to, englische Middlesbrough-Eisen 79,25 M/t, Lothringer Eisen  71,32 M/t, Gießerei- Roheisen von Main-Weserhütte 91,10 M/t.
 
Da  dies alles für die Entscheidung einen Hochofen in Amberg zu bauen,  nicht ausreichend erschien, verlangte ein Abgeordneter folgendes:
 
1.)  Feststellung des Erzgehaltes durch chemische Analysen; 2.) Genau  begründete Darlegung seitens der Bergbehörden über Leistungsfähigkeit  und Betriebsverhältnisse des Amberger Erzbergwerkes;
 
3.)  ein technisches Gutachten von einer aus unparteiischen Fachmännern der  Metallurgie zusammengesetzten Kommission über die technische Anlage des  Hochofens überhaupt; 4.) Vorlage von Plänen und Kostenvoranschlägen.
 
Der  gleiche Abgeordnete wartete dann mit einer betriebswirtschaftlichen  Rechnung auf, wonach die Erzeugung einer Tonne Eisen aus den in Amberg  geförderten Erzen 66,27 Mark kosten werde. Diese Zahlen wurden von  anderen angezweifelt.
 
Dass  man für den Hochofenbetrieb private Beteiligung finden würde, wurde  rundweg bestritten, weil dieser wegen des Risikos sehr schnell wieder  beim Staat landen würde. In namentlicher Abstimmung entschieden sich 84  Abgeordnete für den Bau des Hochofens in Amberg.   
© Manfred Leiss
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