Die Knappschaft und deren Entstehungsgeschichte - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
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Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Klenzeschacht
Ehemaliger Maxhütten-Arbeitsdirektor Manfred Leiss
"Bergbau, Maxhütte, Sozialgeschichte"
Die Knappschaft und deren Entstehungsgeschichte

Im Jahre 2010 feierte die Knappschaft, einst als Einrichtung der sozialen Fürsorge der Bergleute gegründet, ihr 750-jähriges Bestehen. Als Urbaustein gilt die Urkunde des Hildesheimer Bischofs  Johann I.von Brakel, mit der er  am 28.Dezember 1260 der Sankt Johannis Bruderschaft am Rammelsberg bei Goslar seine Unterstützung zusicherte; diese war zur Unterstützung kranker und verletzter Bergleute gegründet worden. Man könnte im weitesten Sinne behaupten, dass damit die bis dahin religiösen und von der Kirche unterstützten, sozialkaritative Aufgaben wahrnehmenden Bruderschaften der Bergleute mit der Knappschaft nun eine solidarisch orientierte Gemeinschaft etabliert haben. Verschieden deutbar und in seiner Herkunft nicht hinreichend belegt ist der Begriff Knappschaft.

Der Begriff Knappe ist gelegentlich auch dem ritterlich-höfischem Leitbild zugeordnet worden: Page, Edelknabe, Ritter. Diesen Dreiklang hat sich sehr wahrscheinlich auch das handwerkliche Zunftwesen im Mittelalter mit Lehrling, Geselle, Meister zu eigen gemacht, anspruchsvoll unterlegt mit dem Motto: „Lehrling jedermann, Geselle, der was kann; Meister, der etwas ersann.“
Im Jahr 1426 wird erstmals die Belegschaft des sächsischen Bergbaureviers zu Freiberg als „dy knabschaft“ bezeichnet und 1479 wird die Knappschaft in der Bergordnung für Schneeberg genannt.   
1496 gründeten Bergleute im Erzgebirge die Stadt Annaberg und zwei Jahre später eine „Knappschaft“. Als Selbsthilfeorganisation bedurfte es einer verwaltenden und kontrollierenden Instanz, es entstanden die aus den Reihen der Knappschaftsmitglieder gewählten oder bestimmten  Knappschaftsältesten als eine Art Interessenvertretung der Knappschaftsmitglieder nach innen und außen. Zusammen mit den Zechmeistern verwalteten sie die Geldmittel in den Büchsenkassen und entschieden über die Verteilung der eingesammelten Mittel an kranke und bedürftige Knappschaftsmitglieder; nach außen vertraten sie die Interessen der Knappschaft gegenüber dem Bergwerksbesitzer und der staatlichen Aufsicht. Mitte des 17.Jahrhunderts wurden die Knappschaften durch die Bergbehörden verwaltet, die Knappschaftsältesten waren fortan nur noch dem Bergmeister und dem Bergamt verantwortlich. Mit Erlass des preußischen Knappschaftsgesetzes 1854 war der zu gleichen Teilen von Knappschaftsältesten und Werksbesitzern gewählte Knappschaftsvorstand für die Verwaltung der Knappschaftsvereine zuständig und mit dem allgemeinen Berggesetz von 1865 wurde die Selbstverwaltung eingeführt. Die Funktion des Versichertenältesten fand Eingang in das sich entwickelnde Rentenversicherungssystem und alle Rentenversicherungsträger haben heute Älteste, die ihre Mitglieder beraten. Glaubt man den Erfahrungsberichten lang gedienter Versicherungsältester, ist ein Funktionsverlust im Getriebe der Versicherungsbürokratie nicht zu übersehen.
      
Bahnbrechend für die späteren Rentenversicherungssysteme war die erste Rentenordnung, die von Sachsen kommend in`s Ruhrgebiet übertragen wurde. 1847 wird in den Knappschaften Preußens bei der Festsetzung der Rente neben der Berufsstellung erstmals auch die Dauer der Berufstätigkeit bzw. Beitragszeit als zweite Komponente berücksichtigt. Dies fand seinen Niederschlag im Preußischen Knappschaftsgesetz 1854, mit der Festschreibung „Leistung durch Beitrag“. Die spätere gesetzliche Rentenversicherung sah als Finanzierungsgrundlage das Kapitaldeckungsverfahren vor und erst mit der großen Rentenreform von 1957 wurde die gesetzliche Rentenversicherung auf das Umlageverfahren umgestellt.

Viele Jahrhunderte waren die Leistungen der Knappschaften ausschließlich ihren bergbaulichen Mitgliedern und Familienangehörigen vorbehalten. Versicherte anderer Industriezweige haben teilweise neidisch auf die bessere Rentenformel geblickt, oft ohne die besondere Risikobeschäftigung der Bergleute bedenkend. Die ehemaligen Knappschaften fanden Aufnahme in die 1969 entstandene Bundesknappschaft und mündeten in die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See(KBS).
Diese ist neben ihrer Funktion als Sonderversicherungsträger für Bergleute, Seeleute und Bahnbeschäftigte auch Träger für viele andere Berufsgruppen und bietet für alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten eine frei wählbare Kranken-und Pflegeversicherung an. Seit 2003 betreut die KBS in der Minijob-Zentrale Millionen von Minijobbern und deren Arbeitgeber.
Zu diesem Schritt hat sich der Gesetzgeber auch entschlossen, weil im Knappschaftsbereich eine entsprechende Versorgungs- und Verwaltungsstruktur vorhanden war.
Den Knappschaften gebührt das Verdienst vorzeigbare Einrichtungen für die medizinische Versorgung geschaffen zu haben. Einige Knappschaftskrankenhäuser hatten auch nach 1945 teilweise legendären Ruf, vor allem was die Behandlung von Verletzten durch Unfälle betraf.
Durch die veränderte Versichertenstruktur und die Aufnahme neuer Versichertengruppen gelang es KBS sich trotz stark verringerten Bergbaubeschäftigten als starker Versicherungsträger zu etablieren.         
© Manfred Leiss
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