Eisensteinzeche „Kleiner Johannes“ - KulturAS, wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen

2024/2025
wo Kultur und Bergbau aufeinandertreffen
Sulzbach-Rosenberg/Feuerhof
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Klenzeschacht
Ehemaliger Maxhütten-Arbeitsdirektor Manfred Leiss
"Bergbau, Maxhütte, Sozialgeschichte"
Eisensteinzeche „Kleiner Johannes“, Arzberg

Der Eisenerzbergbau, dem die Stadt ihren Namen verdankt, muß bereits vor 1268 betrieben worden sein. Im Zusammenhang mit dem Bergbau entstanden zwei Hammerwerke, eine Stahlhütte, mehrere Kugelgießereien und Rohrschmieden. Der Arzberger Bergbau hatte schon um 1400 eine Blütezeit bis zum Niedergang durch die Auswirkungen des 30-jährigen Kriegs.Erst urkundliche Aufzeichnungen im 14.Jahrhundert erwähnen ein „uraltes Bergwerk“ in Arzberg. Die geologische Vielfalt ist der Grund für die verschiedenen Erzvorkommen. Die Entstehung der Eisenerze geht auf die Anhebung des einstigen Ozeans in dieser Gegend und der Auffaltung des Variskischen Gebirges vor über 200 Millionen Jahren zurück. Vulkanische Gase und Erzlösungen,vor allem mit Eisen, Mangan, Blei, Zink und Kupfer drangen in die Klüfte ein. Eisenspat(Weißeisenerz-Siderit) entsteht, in dem der Kalk(Marmor) das Eisen aufnimmt und sich umwandelt. Die Erzlagerstätten sind von wechselnder Mächtigkeit bis zu 10 Metern und bis zu 200 m Länge.
In der vorindustriellen Zeit hatten die Vorkommen im Fichtelgebirge von Gold, Zinn, Eisenerz, Alaun und Kaolin eine große wirtschaftliche Bedeutung. Z.Zeit werden noch Tone, Speckstein, Marmor, Granit, Diabase und Basalte abgebaut. Um 1820 waren 42 Gruben in Betrieb, in denen 3000 to Erz gewonnen wurden und die 150 Bergleuten Beschäftigung boten. 1855 gab es immerhin noch 20 Zechen im Arzberger Raum in denen 260 Bergleute Arbeit fanden. 1866 kam der Bergbau zum Erliegen.Um 1890 kam es zu einem Aufschwung;das im Röstofen geröstete Erz mußte auf schwierige Weise an die Abnehmer transportiert werden. Der letzte Abbau datiert von 1937 bis 1941 nochmals mit letzter Kraft reaktiviert.

Es wäre eine geschichtliche Nachlässigkeit, würde man sich nicht des berühmten Mannes Alexander von Humboldt und seines Aufenthaltes in Arzberg erinnern. Offensichtlich war er im Gegensatz zu seinem geisteswissenschaftlich orientiertem Bruder Wilhelm immer den Naturwissenschaften zugewandt, wozu auch das Studium an der Bergakademie Freiberg beitrug. Diese war von Friedrich Anton von Heynitz und Friedrich Wilhelm von Oppel 1765 gegründet worden. Bei seinen Erkundungsreisen in die geologische Landschaft kam Humboldt in seiner Eigenschaft als kgl.preußischer Bergmeister 1792 nach Arzberg, nachdem von Heynitz ihn vorher als Bergassessor angestellt hatte. Er wohnte zeitweilig im historischen Bürgerhaus und in der „Brauerei zum Berg“. Inzwischen zum Oberbergmeister aufgestiegen trat er Anfang Mai 1793 eine feste Stelle in Franken an und bezog ein Anwesen in Bad Steben. A.von Humboldt fasste seine Erfahrungen vor Ort in den Gruben Susannen-Glück, Goldkammer-Fundgrube, Silberkammer Fundgrube, Anna Christiana Fundgrube, Gottes Geschick Fundgrube und Friedrich Christian Fundgrube 1792 zu dem Befahrensbericht für das Ministerium zusammen. „Um das junge Bergvolk zu verständigen und brauchbaren Bergleuten auszubilden“ ließ Humboldt nach dem Vorbild der „königlich freien Bergschule zu Steben“ auch in seinem zeitweiligen Amtssitz Arzberg eine solche Schule einrichten.
Ende 1795 schrieb er an die Regierung, dass er für die Bergschule Arzberg bereits Vorschläge eingereicht habe. Es handelte sich um eine von November bis Mai dauernde Winterschule für „Bergjungen“ ab dem 12. Lebensjahr, die vorher die öffentliche Schule besucht haben mussten und für „Lehrhäuer“ im Alter von 24 bis 26 Jahren. A.v.Humboldt hatte mit seiner Feststellung durchaus recht: „Es ist nicht zu erkennen, dass in einem anderen Bergrevier des deutschsprachigen Raumes um diese Zeit gleichwertige Anstrengungen um die Fachbildung der bergmännischen Jugend gemacht wurden.“  
Die Leistungen A.v.Humboldt`s wurden im Fürstentum Ansbach-Bayreuth geschätzt, er war im April 1794 zum Bergrat und noch im gleichen Jahr zum Oberbergrat befördert und von seiner unmittelbaren Tätigkeit für die Gruben als Bergingenieur entbunden worden. Zweifellos hat von Humboldt durch die Einführung von Arbeitserleichterungen und mehr Sicherheit dem Arzberger Bergbau zu neuem Aufschwung verholfen. Nach seiner Tätigkeit in Arzberg brach v.Humboldt zu seinen Endeckungsreisen auf; sein Bericht über die Expedition nach dem Chimborasso z.B. im Juni 1802(„Abenteuer eines Weltreisenden“, Wien 1980) ist auch heute noch eine spannende Lektüre. Durch seine Reisen und Beschreibungen- auch von Pflanzen(Physiognomik und Geographie der Pflanzen) und Mineralien sowie  Meteorschwärmen u.v.a.- hat Humboldt wesentliche Beiträge zur Erkundung der Erde geleistet. A.v.Humboldt war der erste, der die kalte Meeresströmung an der Küste Perus und Ecuadors systematisch gemessen hat. Er konnte nachweisen, dass der Perustrom, wie Seefahrer ihn lange nannten, eine polare Strömung ist, die vom Südpol an der Pazifikküste Südamerikas entlang nach Norden fließt. Deswegen erhielt der Strom später seinen Namen.

Aber Humboldt war nicht nur ein großartiger Naturforscher, er sympathisierte auch mit den Bewegungen zu gesellschaftlichen Änderungen wie der französischen Revolution 1789 und der gescheiterten deutschen Revolution 1848 und er zeigte dies, als er den Leichenzug der Märzgefallenen zum königlichen Schloß anführte.
Er setzte sich für die Emanzipation der Juden und für die Rechte der Bauern ein. Den Chauvinisten galt er als Kosmopolit, den Reaktionären als heimlicher Jakubiner, den Antisemiten als Freund der Juden und den Bigotten als Atheist. Die Hofkamarilla versuchte alles in ihrer Macht stehende v.Humboldt loszuwerden und machten ihn zur missliebigen Person. Er wurde zeitweise unter Polizeiaufsicht gestellt, seine Wohnung überwacht und die Post kontrolliert. Dank der schützenden Hand des Monarchen und wegen seiner Bedeutung als Wissenschaftler von Rang überstand er die Anfeindungen.
Der Aufstieg Deutschlands zu einer wissenschaftlichen Weltmacht in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts ist wesentlich Humboldt`s Fähigkeiten und seinem Vorbild zu verdanken. Der preußische König schützte Humboldt vor Nachstellungen und Verfolgungen und es half ihm auch die publizistische Berühmtheit. „ Ich bin in der letzten Zeit eine missliebige  Person geworden, und ich würde längst als Revolutionär und als Autor des gottlosen Kosmos ausgewiesen worden sein, verhinderte dies nicht meine Stellung beim Könige.“ So beschrieb er es selber in den fünfziger Jahren. Humboldt war weltberühmt und er hat  wissenschaftliche Werke von Rang hinterlassen.
Zeit seines Lebens schrieb und korrigierte er weiter an seinen Aufzeichnungen; er schrieb auf Deutsch, Französisch, benutzte auch Spanisch und Latein. Humboldts Methodologie ist nur aus seiner kommunikativen Persönlichkeit heraus zu verstehen, aus grundsätzlicher Offenheit gegenüber „neuen Phänomenen des Lebens mit denen der unbelebten Natur.“ Hierzu liefern die in 2018 erschienenen Werke beondere Einblicke: Alexander von Humboldt:Das Buch der Begegnungen und
Alexander von Humboldt: Bilderwelten. H.M.Enzensberger erhob Humboldt in Cicero 10/2009 zum „ersten Öko-Aktivisten“. Der Historiker Frank Holl nennt ihn einen Adeligen ohne Dünkel. Und in der Beschreibung der Tätigkeit Humboldts als Oberbergmeister in der oberfränkischen Bergbauregion (SZ 29.12.2018) verlieh der Verfasser ihm das Prädikat: „Der rastlose Denker“.
Bleibt zu hoffen, dass in Erinnerung an seinen 250 Geburtstag in 2019 die weltweit wissenschaftlichen Leistungen und seine Vorbildfunktion für Generationen gewürdigt werden.
Nach Humboldt erlebte Arzberg mit seinen vielen kleinen Zechen gute und schlechte Zeiten. 1861 übernahm die “Prager Eisenindustrie-Gesellschaft“ eine Anzahl Zechen und führte sie unter dem Namen “ Kleiner Johannes“ weiter. 1903 entstand dann mit privater Beteiligung eine Gewerkschaft „Eisensteinzeche Kleiner Johannes“, die schon 1905 den Betrieb einstellte. Wie H. Fromm erwähnt, hatten die fremden Erzgruben in Bayern  während des 1.Weltkriegs und danach ihre Bemühungen verstärkt, Erz zu vermarkten, wie etwa die Donnermarkhütte ( zu Luxemburg gehörend) auf Kleiner Johannes. In der letzten Periode des Arzberger Bergbaus übernahm die Maxhütte 1937 die Erzgrube Marienschacht und versuchte mit erheblichem technischem Aufwand die Förderung in Gang zu setzen, wahrscheinlich angetrieben durch den Vier-Jahresplan des NS-Regimes. Der Betrieb wurde 1941 eingestellt und die Schächte verfüllt.

© Manfred Leiss
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